Es bleibt einem nichts erspart

Manchmal geht es dem Blogger im Verhältnis zu seinen Lesern ja wie mit minderjährigen Kindern: man will ihnen nicht alles zumuten, was die Welt an Tiefschlägen, Perversem und Komplizierten so zu bieten hat. Dann bedient man sich elaborierter Schutzbehauptungen, in etwa so: "Was passiert, wenn man stirbt?" – "Man schläft, liebes Kind!" – "Wo kommen die Babies her?" – "Aus dem Krankenhaus, liebes Kind!" oder "Was machen die beiden Hunde da Komisches, Mama?" – "Sie spielen nur, liebes Kind!"

Die Strategie, Schutzbefohlene vor dem Schrecken der Welt zu bewahren, ist verlockend, geht aber bekanntermaßen spätestens nach ein paar Jahren nicht mehr auf. Die Pubertierenden hauen einem dann zur Strafe Gothic-Poster mit madenübersäten Totenköpfen, bebilderte Bravo-Aufklärungsseiten und Rapsongs um die Ohren, in denen das, was die Hunde da Komisches machen, detailverliebt  und vor allem LAUT erklärt wird.

Um mir und Euch diese Konsequenzen zu ersparen, rücke ich jetzt gleich mit der Wahrheit raus. Die CSU hat ein Wahlkampfvideo gemacht. Es ist scheiße. Ihr müsst es leider trotzdem anschauen.

So, jetzt ist es raus. War ja gar nicht so schwer. (Gefunden bei: Rationalstürmer)

Mit vollem Durchblick ins Abseits

Seppi, Seppi, schon wieder die falsche Entscheidung. Schon vor mehr als einem Jahr lobten begeisterte Cohu-Leser Dich als "neuer Kandidat für "Brillenträger des Jahres" (siehe Kommentare). Naja, zugegeben, die meisten Äußerungen waren auch damals schon eher belustigt bis abschätzig, aber zumindest die Brille wurde Dir hoch angerechnet… denn wir sind hier ja ein Haufen bekennender Brillenfetischisten, vor allem was Retro-Hornbrillen angeht (näh, die da meine ich nicht, sondern natürlich die da!). Und was machst Du???

"Die OP dauerte 15 Minuten", schreibt die AZ.

Traumhaft

Heute morgen von den Nachrichten geweckt worden und dann nochmal eingeschlafen, deshalb ein tagesaktueller Traum: die Sozialdemokratie startet auf ihrem Sonderparteitag einen "Image-Offensive." Dazu wird ein Maskottchen bzw. "Wappentier" für die SPD gesucht. Die Wahl fällt schließlich auf ein weißes Nilpferd. Aufgewacht.

Beck mag weg sein, mein Unterbewußtsein hat ihn aber noch nicht vergessen.

(Ich habe dann natürlich gleich recherchiert und eruiert, dass es tatsächlich Albino-Flusspferde gibt! Japanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass ihr Hautsekret sie vor Sonnenbrand schützt.)

(Ursprungsbild: Wikimedia Commons)

Trotz und Witz

Während die SPD sich anscheinend in einer tiefen Trotzphase befindet –

– steht man weiter links wenigstens dazu, dass man den Kaschperl macht. Ich hoffe zumindest, dass das Plakat so gemeint ist…

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Preaching to the choir

Nur mal so als Stimmungsbild aus dem bayerischen Wahlkampf für die Nordlichter. Drunter steht noch “Enteignung von Banken und Großkonzernen!” und ein paar ähnliche Vorschläge.

P.S.: Ist das nicht furchtbar langweilig, als Linkspartei so ne Veranstaltung zu machen wie die unten angekündigte? Also, in der Angelegenheit sollten die sich doch dann wirklich ausnahmslos alle Anwesenden einig sein. Oder melden sich dann echt welche mit  “hmja, also dieses Jahr wollte ich dann doch mal DIE NAZIS wählen, weil, ich finde die sind voll die ALTERNATIVE, oder soll ich das lieber nicht machen, was meint ihr, Genossen?” Warum, liebe sogenannte Linke, nicht mal ein Thema, über das man auch diskutieren kann. “Der Markt ist die Lösung” oder so. Ist doch sonst wirklich gähn.

You drive me crazy

Skeptisch wird man ja irgendwie schon automatisch, wenn ein für seine strahlende Inkompetenz bekannter Christsozialer und das Oberhaupt eines Apartheid- und Folterregimes sich so über alle Maßen einig sind.

Was hat es also tatsächlich mit der Behauptung auf sich, Spekulanten seien schuld am hohen Ölpreis? Paul Krugman, der Wirtschaftsexperte der NYT, geht in einem Artikel auf diese Frage ein. Und zwar ziemlich, äh, wie soll man sagen, eindeutig:

"Speculative nonsense, once again

OK, one more try.
First of all, I don’t have a political dog in this fight. I’m happy to believe that crazy speculation distorts markets. And I do think it’s likely that oil prices will come down, for a while, once consumers have a chance to respond more fully to high prices by changing their driving habits, switching to smaller cars, etc..
But the mysticism over how speculation is supposed to drive prices drives me crazy, professionally." (NYT)

Das hat natürlich eine Vertonung verdient (der charmante Waliser bekam wegen seines sagenhaften Videos den Vorzug vor Britney):

Herr Krugman erklärt einleuchtend, dass 1. Wetten auf den zukünftigen Ölpreis (sog. "Futures") keinen direkten Einfluss auf den Ölpreis haben (wie auch?) und 2. es keine Hinweise darauf gibt, dass Ölfirmen momentan Öl "bunkern", weil 3. die Futures-Preise ihnen dazu auch gar keinen Anreiz geben. Der friedliebende, vollbärtige Linke schließt mit den versöhnlichen, an den beliebten US-Vize erinnernden Worten:

"…the nonsense in this debate makes me want to shoot someone in the face."

Und auch das hat natürlich eine Vertonung verdient:

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Just say no

Cohu hat ja eigentlich einen persönlichen Korrespondenten in Dublin, aber da ich mit dem schon in der Ascona-Angelegenheit so schlechte Erfahrungen gemacht hab, bin ich erstmal auf die deutschen Medien angewiesen, was die Berichterstattung über das irische Nein zum EU-Reformvertrag angeht. Und siehe da: die legen sich richtig ins Zeug. Ein Reporter vom Deutschlandfunk ist sogar extra auf einen irischen Kälbermarkt gefahren, um echte Iren dazu befragen, warum sie denn den Vertrag abgelehnt haben (leider nicht online).
Gut, man könnte eventuell einen Politikwissenschaftler interviewen oder auch jemanden von einer irischen Anti-Europa-Initiative – aber ein echter Ire ist es halt nur, wenn er zahnlos, rotnäsig und des Queen’s English nicht mächtig auf nem Viehmarkt rumsteht. Die Erklärungen der Herren Bauern sind denn auch nicht besonders komplex: man habe sich einfach verarscht gefühlt von der Regierung, man habe nicht gewußt, worum es geht, selbst Gebildete Leute hätten es einem nicht erklären können, und da habe man eben für Nein gestimmt. Der Reporter ist geschockt ob solcher Ignoranz und der Rückständigkeit Irlands – in jedem anderen Land der EU träfe man schließlich auf exakt vorbereitete Talking Points, wenn man Landwirte um 6 Uhr früh auf dem Viehmarkt zu Politik befragen würde!
Besonders aber schockiert ihn die "Undankbarkeit" der Iren, schließlich hätten doch gerade die Landwirte in den letzten Jahrzehnten massiv von den EU-Subventionen profitiert. Einer der Bauern sagt ihm dann dazu den schönen und wahren Spruch: "Eaten bread is soon forgotten." Aber das befriedigt den Reporter nicht, er schließt den Bericht mit den sinngemäßen Worten, die Iren müssten sich verdammt noch mal schämen.

Seltsam, sehr seltsam. Dankbar sollen Nationalstaaten jetzt sein? Wenn ich mich recht entsinne, wurden solche Argumente vor dem Irakkrieg auch gerne gebracht. Die USA warfen uns und anderen Europäern "Völlige Undankbarkeit" vor. Schließlich haben die uns – schon vergessen? – vor ein paar Jahrzehnten mal vom Tyrannen befreit, und "Wenn es nicht die heldenhaften Anstrengungen unseres Militärs gegeben hätte, wären Frankreich, Deutschland und Belgien heute sowjetisch-sozialistische Republiken." Das Argument wurde, wenn ich mich recht entsinne, damals als vollkommener Blödsinn abgetan und nicht weiter beachtet, und das zu Recht. Im Falle Irlands ist die Beschwörung von Solidarität noch weniger nachvollziehbar: die haben massig Geld bekommen, richtig. Und jetzt sollen sie einen Teil ihrer staatlichen Souveränität dafür aufgeben, soso. Wenn das so einfach funktionieren würde, hätte man in den letzten 100 Jahren keine Kriege führen müssen – man hätte die anderen, widerspenstigen Länder einfach kaufen können. Wäre wesentlich effektiver gewesen als die Millionen von Toten, nech? Und wir europäischen Länder wären jetzt vermutlich alle US-Kolonien und in 50 Jahren würden wir dann den Chinesen gehören, alles eine Frage der Bezahlung.

(Die Äußerungen des Herrn Habermas in der SZ übrigens gehen in die richtige Richtung, allerdings hat der eine ganz andere Motivation. Die EU ist ihm anscheinend nicht sozialistisch genug. Und auch dazu gibt es einen schönen englischen Spruch: "One man’s trash is another man’s treasure.")

So, und zur Erholung noch ein Klassiker, nämlich Finnegan’s Wake, die meine übergebildten Leser vermutlich bis jetzt nur als schwer verdaulichen Roman kennen. Den gesungen etwas schlecht verständlichen Text kann man hier nachlesen.

The Rocky Road To Dublin

Der Weg nach Dublin ist steinig. Mal sehen, ob das auch die EU heute zu spüren bekommt. Der Vertrag von Lissabon geht nämlich, scheint’s, nicht nur bayrischem Urgestein gegen den Strich (dass man sich mal auf der Seite dieses Herrn wiederfinden wird, hätte man auch nicht gedacht…).

Der Clip stammt aus dem gleichnamigen Film, der 1968 gedreht und übrigens bis 2004 in Irland nicht gezeigt wurde. Wer zum Anfeuern der Iren mitsingen will, findet den Text des Liedes hier. (In welche Richtung angefeuert wird, bleibt dabei Euch überlassen.)

A hard day’s night

Irgendwie absurd, dass die Herren Arbeitsminister, die grade eine EU-weite Wochenarbeitszeit von 48 Stunden festlegen, garantiert eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von etwa doppelt so vielen Stunden haben. Ich meine: "Verhandlungsmarathons" gehören, zum Schutz der Beteiligten, schlicht verboten! Unter diesen sozialen Mindeststandard dürfen wir in der EU nicht fallen! Und bei der Gelegenheit beschränken wir die Wochenarbeitszeit für EU-Beamten auf 5 Stunden. Es wäre für alle Beteiligten besser.

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Dichten für die Sozialdemokratie

Da die SPD ja irgendwie jetzt schon Schwierigkeiten hat, alles mit Wahlkampf, Kandidat etc. so richtig hinzukriegen, habe ich extra für sie bzw. für einen ganz besonderen Menschen in ihr ein Miniatur-Epos verfasst, um mal wieder etwas bessere Stimmung aufkommen zu lassen. Liebe Genossen, ich hoffe es gefällt Euch. Evt kann Hubertus es bei der nächsten Pressekonferenz ja mal rezitieren, er hat so eine schöne Stimme. Aber bitte erst mit dem Wahlkampfkoordinator absprechen. Los gehts:

Ah jo, mer kennen!

Ein Miniaturepos zum Nürnberger Parteitreffen

Es war ein Stamm kräftiger Recken
Furchtlos, unteilbar vereint
Die Massen verstanden zu wecken
Gegen den schrecklichen Feind.

An ihrer Spitze ein Streiter
Von fürchterlicher Statur
Ähnlich wie Goliath (nur breiter)
Bepelzt wie die wilde Natur

Sein Gang wie dräuend Gewittern
Sein Blick wie schäumende Gischt
Seine Hand, sie kannte kein Zittern
Seine Rede: ein Flegel, der drischt.

Seht dort den Mandela Bergzaberns
Den Kennedy aus der Pfalz
Gefeierter König des Laberns
Oh mächtiger Mann ohne Hals!

Hinter ihm toben Armeen.
Ihre Liebe ist feurig und heiß.
Sie kreischen verzückt: Yes we can, Kurt!
 – Ach:
Mein Obama, in dick und in weiß.