Qual der Wahl, die Xte

Da klagte ich heute morgen noch über die Schwierigkeiten, die es mir bereitet, Wahlentscheidungen zu treffen. Dabei gibt es ja inzwischen moderne Technologie, die uns da weiterhilft! Laut dem "Presidential Candidate Selector" müsste ich, lebte ich in den USA, nach dem "Idealkandidaten" mit 100% Übereinstimmung (den es leider nicht gibt), folgendes wählen:
– 81% Übereinstimmung: Kent McManigal (ein mir unbekannter anarcholiberaler Kandidat, der wohl auch schon die Flinte ins Korn geworfen hat – ich bitte, in diesem Formulierungszusammenhang auch seine Webseite zu beachten!)
– 74% Übereinstimmung: Wayne Allyn Root (mir ebenfalls unbekannt, nach kurzer Recherche schließe ich: das  wird auch weiterhin so bleiben)
– 70% Übereinstimmung: Ron Paul (klar – der einzige Kandidat mit einem eigenen Zeppelin!)
Obama (den der Deutschlandfunk gestern in Gänsehautauslösender Manier als "farbigen Newcomer" bezeichnete)  bekommt immerhin noch 63%, McCain 60 und Clinton 55% (Romney 50%, Huckabee 31). Und ich hab jetzt wirklich keine Extrempositionen angekreuzt. Angesichts dieser Ergebnisse kann ich doch froh sein, dass ich nur für die harmlosen Münchner Wahlen zu einer Stimmentscheidung kommen muss. Gibt’s hier eigentlich auch einen "Candidate Selector"?

Schon wieder Tyranny of Choice

Wahlbenachrichtigung kam gestern an. Nur 300 Meter zum Wahllokal! Dann ist Faulheit am 2. März ja wohl leider keine Ausrede. Obwohl, die Entscheidung bei den zur Wahl stehenden Bürgermeisterkandidaten ist natürlich höchst schwierig, da bin ich schon leicht überfordert. Jetzt der Schmid, er redet einen rechten Schmarrn, andererseits hat er halt eine schöne Brille und geht immer rechtzeitig zum Friseur. Oder Herr Mattar von der FDP, nicht so schöne Brille und Friseur brauchts nicht, aber:

Wenn man im ideologischen rot-grünen Stau der stopp-and-go Ampeln steht oder die neue Zweitwohnungssteuer und die höhere Grundsteuer zahlen muss oder sinnlosen Verboten ausgesetzt ist, findet man, dass München besser regiert werden müsste. (michaelmattar.de)

Wahnsinnig verlockend. Bei der Auswahl fragt man sich als Anhängerin des freien Marktes als Organisationsprinzip natürlich spontan, ob man seine Wählerstimme nicht auch verkaufen könnte. Warum eigentlich nicht?

Für die Nichtmünchner

Ist jetzt schon etwas älter (von Dienstag, um genau zu sein), aber ich wollte Euch diese putzige Schlagzeile nicht vorenthalten. Ich bin kein jetzt beim besten Willen kein Fan von Beckstein, aber irgendwie isser schon drollig. Und wo er recht hat, hat er recht.

Vorsätze für 2008 schon 2007 umgesetzt

Kanzlerin Merkel forderte in der Neujahrsansprache eine "Kultur des Hinsehens". Ich würd mal sagen, in der Lüneburger Heide klappt das schon ganz gut:

"Der Tipp war aus dem Dorf gekommen. Bürger des 200-Einwohner-Ortes Hamwiede hatten beim Landeskriminalamt Alarm geschlagen – und auch gleich eine ganze Liste an Verdächtigungen mitgeliefert über diese merkwürdigen Gäste in der Ferienhütte am Ortsrand. Ein "etwa 30-jähriger Mann südländisch-orientalischer Herkunft und eine etwa 25- bis 30-jährige, sehr gut deutsch sprechende Frau" seien am Wochenende gegen 22 Uhr mit dem Taxi angereist, notierten die Beamten.(…) die Vorgänge an den Fenster seien "ständig, auch tagsüber, zugezogen".(…)
Nur Sekunden, nachdem Omar Abo-Namous die Tür des Ferienhauses von innen geöffnet hatte, stürmten vier Polizisten an ihm und seiner Frau vorbei, zwei rannten die Treppe hinauf und kontrollierten die Schlafzimmer." (taz)

Wobei ja die Vorratsdatenspeicherung auch schon ein Schritt in die richtige Richtung ist. Aufgepasst! Auch dein Nachbar könnte zu ihnen gehören! Ja, sogar Du selbst. Also immer genau hinsehen.

(Bildausschnitt: Lesser Ury, Leser mit Lupe, 1895, Wikimedia Commons)

So macht man Spin

Man stelle sich diesen Artikel in einem deutschen Leitmedium vor:

Zahlreiche CSU-Wähler sind unhygienisch
Bakterien auf dem Vormarsch: Laut einer Studie des Bundegesundheitsministeriums sind 40 Prozent aller CSU-Wähler Wasser und Seife eher abgeneigt. Jeder siebte CSU-Wähler kann mit Händewaschen und -Trocknen gar nichts anfangen, sechs Prozent sind demnach regelrechte "Saubären."

Frankfurt/Main – Zahlreiche in CSU-Wähler waschen sich nach dem Toilettengang nicht die Hände – das geht aus einer Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Eine kleine Gruppe von sechs Prozent wird demnach als "extrem unhygienisch" eingestuft, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Immerhin 14 Prozent der Befragten stünden mit der Seife auf Kriegsfuß und zeigten eine problematische Distanz zur Sauberkeit.
Gesundheitsministerin Ulla Schmid (SPD) sieht darin laut der Zeitung ein "ernstzunehmendes CSU-basiertes Volksgesundheitsproblem".
Für die Studie wurden insgesamt 1750 CSU-Wähler beim Toilettenbesuch beobachtet. Ziel war es, den Nährboden für potentielle Verbreiter von Kolibakterien auszuloten. In Deutschland leben rund drei Millionen CSU-Wähler.

Schön, oder? Gaaaaanz weit unten im Artikel versteckt man den kleinen, wesentlichen Absatz, der sagt:

Der Toilettenforscher Wolfram Brunzacher sagte dem Blatt, die Hamburger Studie komme auch zu dem Schluss, dass unhygienische Einstellungen bei Wählern anderer Parteien etwa ebenso häufig anzutreffen seien. Daher könne nicht gesagt werden, dass die CSU-Nähe Unsauberkeit stärker fördere.

Man vergleiche mit diesem Artikel.

Gläubige und Ungläubige

Schön, dass jetzt endlich gegen verfassungsfeindliche Organisationen vorgegangen wird! Allerdings darf man sich dabei natürlich nicht auf Scientologen beschränken, sondern sollte endlich mal einen Rundumschlag machen. Da ich mich in die Schriften des Herrn Hubbard nie selbst vertieft habe, verweise ich zu Ihrer Beurteilung mal auf die Erklärung des Berliner Innensenators Körting zu Scientology:

"Die in den Schriften Hubbards enthaltene Unterscheidung zwischen höherwertigen Menschen, die Scientologen sind, und minderwertigen Menschen, die als „nutzlos“ und “wertlos“ bezeichnet werden, ist mit dem Menschenbild des Grundgesetzes, mit der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen und damit mit unserer verfassungsmäßigen Ordnung nicht vereinbar."
und:
"Allerdings beschränkt sich Scientology in Berlin nicht nur auf die Gewinnung neuer Mitglieder und Aktivitäten wirtschaftlicher Art, sondern verkündet (…) die Berliner Niederlassung sei eine Repräsentanz, die dafür verantwortlich ist „die nötigen Zufahrtsstraßen in das deutsche Parlament zu bauen, um unsere Lösungen tatsächlich eingearbeitet zu bekommen in die gesamte deutsche Gesellschaft“.

(Ehrhart Körting)

Allerhand. Es gibt aber auch Schriften von Religionsgemeinschaften, mit denen sich Cohu zwar nicht gut, aber zumindest besser auskennt als mit Dianetik. Was sagen denn deren relgiöse Texte über das Verhältnis zwischen Gläubigen und Ungläubigen? Zum Beispiel das:

"Wenn dich dein Bruder, deiner Mutter Sohn, oder dein Sohn oder deine Tochter oder deine Frau in deinen Armen oder dein Freund, der dir so lieb ist wie dein Leben, heimlich überreden würde und sagen: Laß uns hingehen und andern Göttern dienen, die du nicht kennst noch deine Väter, von den Göttern der Völker, die um euch her sind, sie seien dir nah oder fern, von einem Ende der Erde bis ans andere, so willige nicht ein und gehorche ihm nicht. Auch soll dein Auge ihn nicht schonen, und du sollst dich seiner nicht erbarmen und seine Schuld nicht verheimlichen, sondern sollst ihn zum Tode bringen. Deine Hand soll die erste wider ihn sein, ihn zu töten, und danach die Hand des ganzen Volks. Man soll ihn zu Tode steinigen, denn er hat dich abbringen wollen von dem HERRN" (Deuteronomium, Kap.13, 7-11)

Und zum Thema "Zufahrtsstraßen zum deutschen Parlament" hab ich auch nen Link. Wann wird endlich was gegen diese hoch gefährlichen, an staatlicher Macht interessierten Religionsgemeinschaften getan? Ich warte! Innenminister, errettet mich!

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Alte weg von der Straße und mehr Kinder für Deutschland.

Mit Hilfe der Reproduktionsmedizin ist es gelungen, bei einer 64-jährigen deutschen türkischen Frau eine Schwangerschaft herbeizuführen. Das Kind kam vergangene Woche in einer deutschen Klinik zur Welt und ist wohl Produkt einer im Ausland vorgenommenen Befruchtung und Einpflanzung einer (gespendeten) Eizelle.
Der Kinderschutzbund und andere äußerten sich über den Vorgang empört. So etwas entspreche nicht dem Kindeswohl,denn, so das Hauptargument:

“Ein Kind sollte die Möglichkeit haben, das Erwachsenenalter mit Begleitung seiner Eltern zu erreichen.”

Interessant fände ich in diesem Zusammenhang, wie sich der Kinderschutzbund äußern würde zu einem Fall, in dem eine 30-Jährige eine Schwangerschaft anstrebt, die weiß, dass sie innerhalb der nächsten Jahre an einer schweren Erkrankung (z.B. Chorea Huntington) sterben wird. Würde man der Kranken – die davon ausgehen kann, dass sie noch 10 bis 15 Jahre zu leben hat – wirklich vom Kinderkriegen abraten?
Fast noch mehr interessieren würde mich die Ansicht des Kinderschutzbundes (und anderer Gegner der “Seniorenschwangerschaft”) zur absichtlichen Zeugung eines Kindes durch einen männlichen Senioren  – haben Herr Beckenbauer (Vater mit 59) oder Herr Picasso (Vater mit 69) eine Ermahnung (zur Not post mortem) des Kinderschutzbundes zu befürchten, weil sie das Kindeswohl gefährden? Mal ganz zu schweigen von Anthony Quinn – Vater mit 82! Ob die Schwangerschaft “künstlich” oder “natürlich” herbeigeführt wurde, scheint mir in diesem Zusammenhang nicht weiter relevant zu sein.

Beachtenswert ist das moralische Urteil des Kinderschutzbundes aber nicht nur aufgrund sich anbietender Analogien, sondern auch, weil es, wie ich vermute, auf einer moralischen Verirrung beruht. Man verurteilt die späte Schwangerschaft, mit dem impliziten Argument, eine frühe Schwangerschaft – und damit das Aufwachsen des Kindes mit einer jüngeren Mutter – wäre besser gewesen. Zur Alternative steht aber gar nicht eine frühe Schwangerschaft mit dem betreffenden Kind, sondern… gar keine Schwangerschaft. Es wird, abstrahiert gesehen, also argumentiert, für das Wohl des betreffenden Kindes sei es besser, wenn es gar nicht erst gezeugt worden wäre – ein, wie ich finde, doch recht lustiges Ergebnis. Ich bin mir nicht sicher, ob der Kinderschutzbund das so wirklich meint.
Ganz aufschlussreich finde ich dann auch den Kommentar von Frau Stewens (Familienministerin Bayerns, CSU):

“Ich möchte das moralisch nicht bewerten, aber die Natur hat sich schon was dabei gedacht, dass man ab einem bestimmten Alter keine Kinder mehr kriegen kann.”

Die Weisheit der Mutter Natur als Ratgeber für Familienpolitik. Da bin ich jetzt einfach mal sprachlos.

[Edit: habe einem faz-Artikel noch ein paar genauere Angaben zum Fall entnommen und oben dementsprechend korrigiert/ergänzt]

Anleitung zur Schaffung sozialer Gerechtigkeit

1. Man lege einen gesetzlichen Mindestlohn fest, der bei saftigen 8,44 Euro liegt.
2. Man lehne sich ob der geschaffenen "sozialen Gerechtigkeit" befriedigt zurück.
3. Man beobachte, wie alle Menschen, die aufgrund geringer Qualifikation soviel nicht erwirtschaften können, arbeitslos werden. Unter anderem 22,7 % der Menschen unter 25 Jahre.
4. Voilá!

Mr. Wiefelspütz goes to Berlin

Der Bundestag hat beschlossen, dass Videodaten von Großbahnhöfen ab jetzt nicht mehr nur wie bisher 48 Stunden, sondern einen Monat lang gespeichert werden dürfen. Dabei war der Gesetzgebungsprozess etwas erstaunlich: denn im Gesetz ging es eigentlich um Flugpassagierdaten. Die Videoaufnahmen betreffende Änderung des Gesetzentwurfes wurde spät abends per Fax an die Parlamentarier herumgeschickt, am nächsten Tag wurde ohne weitere Erläuterung oder Hinweis auf die Videosache im Innenausschuss darüber abgestimmt – und im Bundestag wurde das Ding dann um zwei Uhr nachts durchgewunken. Eingefleischten Simpsonsfans dürfte das aus der Folge "Mr.Spritz goes to Washington" bekannt vorkommen, in der Krusty der Clown, natürlich mit Hilfe von Lisa, Simpsonsche Belange mit der gleichen Unauffällig-Dran-Tacker-Methode im Kongress durchsetzt:

"Finally, during a session in Congress, the janitor and Lisa, with Homer’s drunken diversion, place the Air Traffic Bill under a bill giving orphans American flags. When the bill comes up for discussion, the blackmailed congressman immediately consents, and Congressman Beauregard, in a drunken stupor, consents to the bill. The legislation is then passed, and Krusty embellishes the successes of democracy." (Wikipedia)

Den Film "Mr.Smith goes to Washington" aus dem Jahr 1939, der der Simpsonsfolge als Vorbild diente, kann man sich übrigens komplett online ansehen.
Vielleicht noch unterhaltsamer ist allerdings das Interview, das Herr Wiefelspütz anlässlich dieser Sache heute morgen im Deutschlandfunk gab. Hier gibt’s ein MP3 davon, hier den Text. Schwangeren, Menschen mit Herzschrittmachern und Leuten, die sich leicht über Arroganz und sophistisches Winkeladvokatentum aufregen, rate ich vom Anhören ab. Aber zur Beruhigung möchte ich Herrn Wiefelspütz selbst zitieren:

"Dies ist der entwickeltste Rechtsstaat, Frau Kaess, den ich weltweit kenne. Darauf sollten wir stolz sein, dass es so ist, und das soll so auch so bleiben."

Konkurrenz an Sterbebetten

Auf einer Demo gegen den Schweizer Verein "Dignitas", der sogenannte "Suizidbegleitung" (also Beihilfe zur Selbsttötung) betreibt, mahnt die Deutsche Hospiz Stiftung auf einem Transparent: "Kein Geschäft mit dem Tod". Ein Gesetz gegen "kommerzielle" Sterbehilfe soll eingeführt werden. Hm, seltsam: denn Dignitas hat überhaupt kein Gewinninteresse – sie bekommen zwar Geld, aber eben zur Deckung ihrer Kosten. Der Verein beschäftigt Ärzte und berät seine Klienten schließlich auch. Nun frage ich mich: muss man selbst (bzw. die Krankenkasse) für einen Aufenthalt im Hospiz und die dort angebotene "Sterbebegleitung" nichts bezahlen? Arbeiten Ärzte und Schwestern dorf für Gotteslohn? Oder betreiben Hospize gar auch ein "Geschäft mit dem Tod"?
Über Beihilfe zum Suizid kann man geteilter Meinung sein. Aber bei den Warnrufen der deutschen Hospizstiftung habe ich manchmal fast schon den Eindruck, dass sie Angst vor Konkurrenz bei der Sterbehilfe haben. Sterbehilfe findet im Hospiz schließlich auch statt – nur eben passiv, d.h., salopp gesagt, durch Schmerzstillen und Abwarten, nicht durch Hinstellen des Giftbechers.
Ziemlich entlarvend finde ich es dann auch, wenn Eugen Brysch von der Hospizstiftung die freiwillige Selbsttötung Schwerkranker in diesem Interview als "einfache Lösung" bezeichnet. Geradezu lächerlich wird es, wenn Brysch und andere der Dignitas Zynismus und Menschenverachtung vorwerfen, weil sie ihre Sterbehilfe mittlerweile auf Parkplätzen betreibt: das liegt schlicht daran, dass der Verein auf Betreiben von Sterbehilfe-Gegnern weder Gewerberäume, Wohnungen noch Hotelzimmer mehr anmieten kann. Gut gemacht, kann ich nur sagen.
Natürlich mangelt es in Deutschland massiv an palliativmedizinischer und psychiatrischer Versorgung, und viele Dignitas-Suizide mögen nur oberflächlich "freiwillig" sein; auch an den Beweggründen des Vereins kann man seine Zweifel haben. Aber das ist für die eigentliche Frage irrelevant: wenn ich schon sterben muss, will ich mir weder von Herrn Brysch, und schon gar nicht (!!!) von Frau Zypries sagen lassen, wie, wann, aus welchen Gründen und mit wessen Hilfe ich das zu tun habe. Und wenn’s auf dem Parkplatz ist.

(Bild: Detail aus einem Portrait von Ambrose Bierce, Wikimedia Commons)

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