Wellen der Entrüstung

Der treue Leser Oweh ließ mir vor dem Tirol-Urlaub einen schönen Nazivergleich zukommen, den ich natürlich gleich meiner Sammlung einverleiben will.
Und zwar ist es so, dass es ja diese Mobilfunkgegner gibt. Besonders strenge Mobilfunkgegner sind die sogenannten "Elektrosensiblen." Die bekommen im Strahlbereich von Mobilfunkmasten schreckliche Schmerzen. Diese Schmerzen werden es dann auch gewesen sein, die den mit ebendiesem Zipperlein geschlagenen Mobilfunkgegner Gottlieb Pischeltsrieder aus Icking dazu veranlassten, bei einer öffentlichen Veranstaltung Ende September folgendes zu sagen:

"Die Elektrosensiblen lassen sie verkommen wie die Minderheiten – die Juden und Zigeuner – im Dritten Reich. "

Der Sprecher der Wolfratshausener Mobilfunkgegner, Hans Schmid, bestätigte dies laut SZ – Mobilfunk sei für Elektrosensible "eine Art Folter" – und meinte rechtfertigend: "natürlich rede ich nicht davon, dass wir uns vergleichen mit der Situation im KZ und dem Holocaust." Eine, wie ich meine, ganz gelungene Einschränkung, die mich darin bestätigt, dass ich meine Nachbarn auch weiterhin mit Nazis vergleichen kann. Schließlich grüßen sie nicht im Treppenhaus. Juden wurden im Dritten Reich bekanntlich auch in keinem Treppenhaus gegrüßt. Mag sein, jaja, meine Nachbarn denunzieren mich nicht und lassen mich (noch) nicht abtransportieren – dennoch fühle ich mich deutlich an den Nationalsozialismus erinnert! Natürlich nicht im Holocaust-Sinn. Aber so vom Prinzip her! (*)
Nazis beiseite, ein Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung der Elektrosensibilität finde ich ganz drollig:

"…dabei war jedoch auch festzustellen daß entsprechende Symptome invers zur Anwesenheit von elektromagnetischen Feldern auftraten, das heißt sie traten paradoxerweise bei Abwesenheit auf und nicht bei Anwesenheit." (Wikipedia, meine Hervorhebung)

Also, tuts dem Herrn Pischeltsrieder den Gefallen und schickt, wenn ihr demnächst in Icking seid, eine fette MMS oder macht doch gleich ein UMTS-Videotelefonat. Wenigstens einen einfachen Anruf solltet ihr hinkriegen. Denn ohne brummenden Sendemast und in Ermangelung elektromagnetischer Wellen wird der Elektrosensible zum jammernden (und potentiell nazivergleichenden) Elend!

[(*) Das Beispiel hat Cohu nur zur Illustration erdacht. In Wirklichkeit bin ich diejenige, die ihre Nachbarn, ganz Nazi-mäßig, nicht grüßt! Oder würde ich soviel bloggen, wenn ich auch nur ein Fünkchen Sozialkompetenz hätte?]

(Bild: Wikimedia Commons/ Malene Thyssen)

Lamm, Löwe, Laus und Made

Seppi, Seppi, Seppi, man hat es nicht leicht als CSU-Bürgermeisterkandidat, das wußtest Du schon, bevor Du Dich, gleich einem schwarzen Lamm, auf den Weg zur Wahlkampf-Schlachtbank gemacht hast. Aber dass man (oder zumindest: die AZ) es Dir gleich als Nazi-Spruch auslegt, wenn Du die Münchner SPD-Ratsmehrheit und Ude als "Laus in Pelz und Mähne des bayerischen Löwen" bezeichnest und "Entlausung" forderst (SZ), damit hast Du dann doch nicht gerechnet. Der focus berichtet denn auch über Dein schäbiges Dementi:

"Später sagte er, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass mit dem Begriff „Entlausung“ die Vergasung der Juden in der Nazizeit verharmlost wurde. Und er entschuldigte sich bei allen, „die sich durch meine Worte verletzt fühlen“. Er bleibe aber bei seinen inhaltlichen Aussagen, wonach die SPD „wie die Made im Speck“ ohne eigenen Beitrag von CSU-Projekten wie dem Flughafenbau oder dem Transrapid profitiere." (Focus)

Oh, Seppi, Seppi, neinnein,  jetzt bitte nichts mehr sagen, Du machst alles nur noch schlimmer. Ich erinnere an einen Skandal, der sich 2005 ereignete – ich zitiere von der Seite des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma:

"Einen Fall besonders scharfer Hetze, der sich gegen unsere Minderheit als Ganzes richtet, stellt der Artikel eines bayerischen Kriminalbeamten im Fachblatt „Bund Deutscher Kriminalbeamter“ aus dem Oktober 2005 dar. Der Polizeibeamte unterstellte, „Sintis“ hätten erklärt, „dass man sich als ‚Made im Speck‘ der bundesrepublikanischen Wohlfahrtsgesellschaft fühle“. Derartige Tiervergleiche mit „Maden“ und „Ungeziefer“ gehörten schon zum gängigen Vokabular der NS-Propaganda. Der Zentralrat hat nach der Veröffentlichung dieses empörenden Beitrags bei den zuständigen Landesjustizbehörden Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt." (Romani Rose: Roma und Sinti: Gleichstellung für Europas größte Minderheit in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 07/2007)

Tipp von der Nazivergleichssammlerin aus der Maxvorstadt: von den Nationalsozialisten erbittert verfolgte Minderheiten – seien es nun Sinti und Roma oder bayrische Sozis – sollte man nicht mit irgendwelchem Getier vergleichen. Sowas wird nämlich grundsätzlich in meiner Sammlung abgeheftet. Sonst noch viel Erfolg im Wahlkampf!

(Bild: Wikimedia Commons)

Tapfere Résistance

Rahmstorf: sieht harmlos aus, aber oh weh!

Hihi, also diese Debatte dieser Zwergerlaufstand einer Gruppe von Klimaskeptikern, darunter auch der immer wieder durch gesteigerte Hirnrissigkeit auffallende "Zukunftsforscher" Matthias Horx ("Megatrend Gesundheit" – "Luxus ist elitär") entlockt mir doch das eine oder andere Kichern. Da erbost man sich tatsächlich über den Klimaforscher Rahmstorf vom PIK, nicht nur, weil er ein wenig Klimahysterie verbreitet, sondern auch weil er eine "schwarze Liste" von Journalisten führt, mit denen er nicht zusammenarbeitet, laut Skeptikervorwurf lediglich deshalb, weil sie "ihren Beruf ernst nehmen" und "eigenständig recherchieren"…Und man wirft ihm dann nicht nur vor, einen "heiligen Krieg", einen "Dschihad" zu führen, sondern man verwendet auch die elegante und dezente Formulierung, Rahmsdorf arbeite in der Klimadebatte auf einen Endsieg  hin.
Huihuihui! Endlich mal wieder ein Nazivergleich. Sogar den Popper zitieren sie (hey krass jetzt, richtig recherchiert, oder? So mit Buch gelesen, These verstanden, Argument gecheckt?), und sie verwenden ganz viele distanzierende "Anführungszeichen", und erfinden das Wort Apokalyptizismus, da müssen sie ja recht haben, die selbstständig recherchierenden Journalisten, Retter des kleinen Mannes.
[Niggemeier hat, wie ich sehe, auch was dazu geschrieben]

(Bild: Stefan Rahmstorf, PIK)

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Sündenfall

In letzter Zeit sind sie selten geworden, die Nazivergleiche. Ob es am Wirtschaftsaufschwung liegt? An der große Koalition? Am gesellschaftlichen Fortschritt, der die Menschen weise, zurückhaltend und sensibel macht? Ist es das Wassermannzeitalter?  Oder liegt es daran, dass Gottes Reich auf Erden Wirklichkeit geworden ist, und

…beim Lamm verweilt der Wolf, der Leopard lagert beim Böcklein. Kalb und Löwe mästen sich gemeinsam, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen lagern beisammen; der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Nirgends handelt man bös und verderbt auf meinem ganzen heiligen Berg; denn angefüllt ist das Land mit Erkenntnis des Herrn, wie die Wasser das Meer bedecken? (Isaia 11:6,7,9)

Kaum. Vielmehr hat der Nazivergleich Konkurrenz bekommen vom 9/11-Vergleich. Und in dieser Angelegenheit schickte mir denn der treue Thersites schon Anfang der Woche gleich ein besonderes Schmankerl aus dem Hause "Telekom":

Der Focus berichtet, dass Top-Manager Axel K. (…) seine Führungskräfte mit einem Video vom Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 motiviert. Der 57-Jährige sagte laut Focus nach dem Einsturz der Zwillingstürme: "Das ist die Lage bei T-Systems." (Golem)

Gottes Reich ist also noch nicht gekommen. Aber trotzdem bleiben noch einige Fragen offen: wenn die Analogie stimmt, wer saß dann nach Axel K.’s Ansicht  am Steuer der Flugzeuge? Und, noch drängender: in welchem Land wird T-Systems demnächst einmarschieren, um zukünftige Angriffe dieser Art zu vermeiden?

(Bild: Ausschnitt aus "Paradies" von Jan Bruegel, um 1620; Wikimedia Commons)

Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler

Martenstein bietet in seiner aktuellen Kolumne in der ZEIT den vermutlich lustigsten Nazivergleich, der mir je untergekommen ist, nämlich den zwischen Filbinger und Hitler. Entnazifizierung, passend zum "Führergeburtstag"…

Preisfrage

Was würden südamerikanische Anti-Bush-Demonstranten machen, wenn es die Nazis nie gegeben hätte?

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Decline of a Nation: Gaias Rache

James Lovelock, berühmt-berüchtigter "Futurologe", und Erfinder der Gaia-Hypothese, ist fest davon überzeugt, dass aufgrund des Klimawandels ganz Europa zur Wüste werden wird.
Ganz Europa? Nein! – Eine Insel wird verschont bleiben (Ihr ahnt vielleicht, welche), mit ganz erstaunlichen Auswirkungen:

"We’ll be a bloody lifeboat for Europe.(…)

Lovelock reckons that the British Isles will be among the few island oases in a world given over to desert, scrub and oceans devoid of life: "Everybody in Europe will be wanting to come here." Even people who live in currently delightful spots such as Cap d’"Antibes and Siena. They aren’t going to like Milton Keynes or Cumbernauld one bit." (Guardian)

Oi oi, ob die aber Cohu, die sich ja immerhin schon in mehr als 70 Einträgen über das Vereinigte Königreich lustig gemacht hat, überhaupt aufnehmen werden? Vielleicht sollte ich die Kategorie umbenennen in "What’s so great about Britain?".
Jedenfalls – vielleicht weil Mutter Erde Gaia es gut mit Cohu meint – hat Herr Lovelock auch noch einen schönen Hitlervergleich ins Interview eingebracht:

"He suggests that the current population of six billion humans will be cut to a more ecologically sustainable half-to-one billion people. "How will this mass cull happen? "It’ll be worse than Hitler – Gaia’s going to do it," says Lovelock. He writes about this chillingly at the outset of the Revenge of Gaia, where he considers the December 2004 tsunami. "That awful event starkly revealed the power of the earth to kill. The planet we live on has merely to shrug to take some fraction of a million people to their deaths. But that is nothing compared with what may soon may happen; we are now so abusing the Earth that it may rise and move back to the hot state it was in 55 million years ago, and if it does, most of us, and our descendants, will die."

Ach, ich mache mir da keine Sorgen. Mag sein: Klimawandel, das Öl geht aus, das Wasser wird knapp, und der eine oder andere Hurrikan pfeift daher. Aber eine Resource gibt es auf der Welt, die ist so nachhaltig, und in solchen Mengen vorhanden – und zwar in wirklich jeder Weltregion außer der Antarktis – , also eine Ressource, dass es sustainabler nicht mehr geht, da kann sich die Gaia auf den Kopf stellen – nein, ich meine nicht Sonnenenergie (und auch nicht, wie Lovelock vorschlägt: Atomenergie). Sondern: Menschliche Dummheit. Wenn wir rausfinden, wie man Mentalfürze wie die Lovelocks in Strom umwandeln können, sind sämtliche Krisen der Welt lösbar. Hoffen wir also auch weiter auf den technischen Fortschritt.

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Mensch, ärgere dich nicht.

Geschmackvolle Spiele sind das, ausgerichtet von den "College Republicans", bei denen (sich freiwillig zur Verfügung stellende) Menschen unter dem Motto "Fang den Illegalen Einwanderer" über den Campus gejagt werden, oder wo man zum "Fun with Guns" auf demokratische Pappkameraden zielt. Wo es so überaus tadelnswert zugeht, ist der Nazivergleich nicht weit – wer sowas Böses macht, ist natürlich "Nazi in Training" (danke für den Hinweis, Ingo!).
Ist es wirklich so ratsam, Menschen daran zu messen, was sie "in-Game" so treiben? Ich erinnere mich an die Theorie, dass es Spiele gerade deshalb gibt, um den allzu phantasievollen und moralfernen Verwerfungen menschlicher Triebe zu einem gesellschaftsverträglichen Ausleben zu verhelfen. Cohu, sonst ein frommer und guter Mensch, kann bei Malefiz (gesellschaftsfähig!) zum sadistischen Teufel werden – und freut sich bei Sims eigentlich doch insgeheim, wenn die doofe Spielfigur, die sich eh immer so blöd angestellt hat, erbärmlich stirbt (bei manchen ist diese Schadenfreude noch stärker ausgeprägt). Auch an den lautstarken Qualen eines unglücklicherweise (hehe) im Feindesland verlorengegangenen AoE-Eroberers ("Every Moment of my Life is Pain!") kann ich mich noch Tage später erfreuen. Daher vermute ich: wer sich in Second Life nach Sex mit Tieren sehnt, tut das im First Life nicht notwendigerweise (interessant, aber wohl noch unappetitlicher die Frage nach der Legalität virtueller Kinderpornos). Bleibt also Cohus Hoffnung, dass das Organisieren blödsinniger Campus-Games die allzu überschwänglichen Collegerepublikaner davon ablenkt, tatsächlich Illegale zu jagen oder Demokraten abzuknallen.

…und noch einer.

Also, da ist er jetzt endlich, der lang ersehnte Nazivergleich im "Gebärmaschinen"- Hin-und-Her-Gekeife (das als Debatte oder Streit zu bezeichnen, wäre wohl zu hoch gegriffen):

"Nach der Würdigung Mixas greift der Verfasser des Briefes, der Vorsitzende des "Forums", Hubert Gindert, zu zweifelhaften Vergleichen: "Das Forum [Deutscher Katholiken] weist alle Versuche der Politiker, die den Bischöfen wie in Zeiten Bismarcks einen Maulkorb verpassen wollen mit Entschiedenheit zurück und rügt den Versuch des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, mit dem unpassenden Vergleich eines "streunenden kastrierten Katers" im "Stil des Stürmers" und "Völkischen Beobachters" Bischof Walter Mixa zu diffamieren. Die SPD wird aufgefordert, sich von der Redeweise ihres Vorsitzenden klar zu distanzieren." (SPON)

Ansonsten, hofft Cohu, droht Kurt Beck die Exkommunikation. Eine interessante Textvorlage für das u.a. darauf abzielende Beten mit dem Forum Deutscher Katholiken findet sich hier. Völkischen Beobachter hatten wir, fällt mir grad ein, neulich schon mal.
(Übrigens kommt es mir in letzter Zeit öfters moralisch fragwürdig vor, zu Spiegel Online zu verlinken, wo mittlerweile unverhohlen Springer-mäßig mit "Kinderschänder" geschlagzeilt wird. Jetzt hätt ich beinah geschrieben "Stürmer"-mäßig. Aber nur beinah.)

…und gleich noch ein amerikanisches Schmankerl!

In meiner Eigenschaft als Nazivergleichsammlerin hab ich ja schon einiges erleben dürfen – siehe extensive Nazivergleichsammlung. Aber das ist doch ein besonderes Exemplar. Via Ingo, via Lawblog, via FTD –  Kolumnistin Ellen Goodman schreibt  im Boston Globe:

I would like to say we’re at a point where global warming is impossible to deny. Let’s just say that global warming deniers are now on a par with Holocaust deniers, though one denies the past and the other denies the present and future. (Boston Globe: No Change in Political Climate)

Hmmm. Und Glühbirnenverwender sind dann vermutlich Nazis? Ich hab nur laut gedacht!

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