Decline of a Nation: Jubiläubsedition und: Euch gehts wohl zu gut!

Es ist heute exakt das 100ste Mal, dass Cohu Euch an dieser Stelle Beweise liefert für den langsamen aber sicheren Untergang des einstmals so stolzen Vereinigten Königreichs. Da gab es – neben 93 anderen Vorfällen – grabbelnde Profs in Cambridge und den "mysterious bottom pincher" in Oxford, alkoholisiert auf Bäume kletternde Studenten, Werbeverbot für Käse, grottenschlechte Witze sowie Mikrowellen-Baked-Beans.
Aber was bin ich Euch immer schuldig geblieben? Richtig: eine Erklärung dafür, warum es mit Großbritannien derart steil bergab geht. Die lieferte  – gottseidank rechtzeitig zur Jubiläumsedition – der Kommentator Jeremy Seabrook im britischen Fachblatt für Thatcherbashing und Vollkornplätzchen, dem Guardian. Haltet Euch fest, denn die Antwort ist näher liegend als gedacht und erklärt so einiges:

"Proposed remedies to cure our ailing society are vacuous because no one wants to admit the real problem: economic prosperity.(…)
When confronted by gun and knife culture, the excesses of substance abuse, addictions, social and family breakdown, extreme individualism and the exorbitant rewards that co-exist with extreme poverty, a collusive consensus exists to shield these phenomena from their cause. And the economy has "performed" extremely well for the past 15 years.(…)
The government is bound to deny any connection with the health of the economy and the sickness of society. That these may be intimately linked, not only at times of insufficiency and misery, but at times of prodigious wealth-creation and excess, is the taboo which prevents a more rigorous examination of that most lasting of relationships, the one between economy and society. (Guardian)"

Aha: Messerstecher, Drogensucht, Individualismus: alles hat seinen Grund im wirtschaftlichen Erfolg der Insel, erklärt uns Herr Seabrook. Den Briten gehts einfach zu gut! Und warum ist das gerade jetzt ein Problem?

"No longer schooled to the relentless rhythms of loom and lathe, of machine and mechanism, the iron rules of control have been swept away.
The removal of industrial disciplines also does away with restraint, self-control, limits on what we may and may not have in this world. It also uncovers some distinctly undesirable desires – instant rage and jealousy, an inability to tolerate being thwarted, a morbid desire for the unattainable."

Ganz klar: weil der heutige Unterschichtsbrite nicht mehr wie noch vor hundert Jahren an den Webstuhl oder die Dampfmaschine gekettet ist, wird er sauer, eifersüchtig und will Dinge, die er nicht kriegen kann. Wahnsinn und Kriminalität sind die notwendige Folge. Schuld ist (ich glaube, ich muss es an dieser Stelle nicht noch weiter ausführen), der freie Markt; er macht die Menschen zu Monstern, sogar Engländer, die ja sonst bekanntermaßen eines der zartbesaitetsten, friedlichsten, zurückhaltendsten und natürlich schönsten Völker auf Gottes weitem Erdenrund sind.

So weit, so gut. Aber was können wir aus diesem Zusammenhang für Deutschland lernen? Zunächst mal: dass die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland nicht so gut läuft, ist erstmal super. Ohne Verwicklung in den freien Markt – und das sehen wir da drüben ja jeden Tag – bleiben die jungen Männer Sachsens brav wie die Lämmer. Auf Dauer kann das natürlich nicht so gehen, hey, es ist ja teuer, dieses sozialistische Quasi-Paradies da drüben zu erhalten. Aber wie wir von Großbritannien lernen, sollten wir auf keinen Fall zulassen, dass da drüben Jobs entstehen, die den jungen Herren noch Zeit für kriminelle Aktivitäten lassen (ich denke da etwa an Call-Center. Naja, die sollte man auch aus anderen Gründen von Sachsen freihalten). Man müsste also eher sowas fördern, da fehlt dann einfach die Energie für Unfug. Danke für den Tipp, Herr Seabrook!

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