Kulturen

Oben: British Empire. Unten: Deutsche Kolonien

Der spärlichen Sammlung des Völkerkundemuseums merkt man schon ziemlich deutlich an, dass Deutschland es nie so richtig zur Kolonialmacht gebracht hat. Da haben es andere Länder irgendwie leichter.

Interessanter als viele Ausstellungsstücke wäre übrigens bei allen traditionellen “Völkerkunde”-Museen eine Kritik des ganzen Konzeptes: Warum eigentlich nur fremde Kulturen ausstellen, unter Auslassung unserer eigenen (wir haben keine Kultur, wie sind ja schon zivilisiert)? Warum die Obsession mit dem Primitiven und Ursprünglichen (wäre die zeitgenössische amerikanische Kultur nicht genauso spannend wie die der amerikanischen Ureinwohner: Ritual und Statushierarchie auf dem WalMart-Parkplatz)? Und vor allem: Woher kommt dieses ganze Zeug? Geklaut, abgeluchst, einfach mitgenommen, oder ganz redlich gekauft…die Geschichte wäre jedenfalls bei jedem Stück interessant.

Vom Konzept her hat das Ganze jedenfalls teilweise eine gewisse Ironie: die Ausstellungstexte sind merklich bemüht um politische Korrektheit, bei jedem Yamslöffel (oder was auch immer) wird der kulturelle Tiefgang herausgestellt, ganz klare Sache – diese Kulturen sind der unseren gleichwertig, oder eigentlich überlegen – aber dann stellt man in einem Eck Grabstelen aus Pakistan aus. Eine davon mit der (nebendran fein säuberlich übersetzten) Inschrift, dass dieses Grab und die Blumen darauf niemals jemand stören möge, es sei ein himmlisch-paradiesischer Platz des Friedens in alle Ewigkeit…

(Bilder: Wikimedia Commons)

4 Responses to “Kulturen”

  1. croco Says:

    Vor vielen Jahren im Völkerkundemuseum in Amsterdam wanderten wir durch die nachgebauten Dörfer. Drunter auch ein afrikanischer Markt und eine Art Kneipe.
    Darin standen zwei schwarze Schaufenserpuppen zur Dekoration. Sie erwiesen sich aber nach kurzer Zeit als höchst lebendig. Und diese zwei jungen Männer lachten sich schlapp über die Beschriftungen, über die angeschraubten Waren auf den Marktständen, über fast alles. Alles, was wir mit Ehrfurcht betrachteten, war ein Witz für sie, vielleicht weil es so altmodisch war, so künstlich. Wir haben dann auch die Andacht verloren.

    Und so stelle ich mir vor, dass es mal über unsere Kultur eine Ausstellung mit zerquetschten Coladosen, Tetrapacks und Bildzeitung gibt.

  2. croco Says:

    PS: Hier ist mehr los. Wenn Sie also mal nach Bremen kommen…. http://www.uebersee-museum.de/

  3. T.M. Says:

    Mich hat das Wort “Kolonialwarenladen” immer begeistert. Da gab’s z.B. Krokodil(!)handtaschen. Leider gibt’s ja heute kaum noch gescheite Kolo… oops.

  4. cohu Says:

    Zu den beeindruckendsten Exponaten im Völkerkundemuseum gehören eine Handvoll “Colon-Figuren”, die weiße Männer in typischen Kolonialherren-Uniformen (inkl. Tropenhelm) darstellen. Online finde ich leider kein Bild von den Münchner Exemplaren, aber der hier ist auch nicht schlecht…


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