Zum Thema Hitler-Bush-Vergleiche erklärt uns die gefürchtete amerikanische Kulturkritikerin Naomi Wolf ("The Beauty Myth") in einem SZ-Interview, dass es entscheidend auf den Äußernden ankommt:
Sie sind Deutscher. Ich würde mich sehr aufregen, wenn Sie als Deutscher daherkämen und mir erzählen würden, dass es in Amerika wie im Dritten Reich zugeht. Ich kann das sehr wohl. Und ich bin als Jüdin mit einer Familiengeschichte im Europa des Dritten Reiches sogar dazu verpflichtet. (SZ)
Ein interessanter Aspekt. Wobei ich bis jetzt eigentlich nicht den Eindruck hatte, dass Holocaustüberlebende und deren Kinder in besonderer Weise zum Nazivergleich neigen. Also, eigentlich eher im Gegenteil. Aber Frau Wolf ist eine Ausnahme.
Lustig ist im übrigen auch folgende Argumentationsfigur:
SZ: Kann man Bush wirklich mit Hitler vergleichen?
Wolf: Da müssen wir gleich mal differenzieren. Ich vergleiche Bush nicht mit Hitler. Ich ziehe nur Parallelen. (SZ)
Ich kenne mich in Frau Wolfs Gedanken nicht besonders gut aus, aber irgendwie kann ich jetzt die Kritik von Camille Paglia etwas besser nachvollziehen:
"[Wolf] is a woman who graduated from Yale magna cum laude, is a Rhodes scholar, and cannot write a coherent paragraph. (…) But if you read Lacan, this is the result. Your brain turns to pudding! She has a case to make. She cannot make it. She’s full of paranoid fantasies about the world. Her education was completely removed from reality." (C. Paglia, Crisis in the American Universities)
Wo wir schon bei Nazivergleichen sind, möchte ich übrigens auch noch auf dieses Gespräch zwischen Peter Gauweiler (CSU) und Kerstin Müller (Die Grünen) verweisen, insbesondere auf diesen Abschnitt, dem ich meine stimmungsvolle Überschrift entnommen habe (Danke, KSC). Diesem vorbildlichen CSU-Friedenskämpfer sollen Teile der bayrischen Bevölkerung übrigens schon vor Jahrzehnten den bösartigen, nazivergleichenden Kosenamen "Gauleiter" verpasst haben.
9. November 2007 at 14:09
Tja wo soll dies nun hin? Zur Vorratsdatenspeicherung? Oder lieber hier her?"Wir hatten den ‘größten Feldherrn aller Zeiten’, den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten", bemühte der CDU-Politiker laut einem Bericht der taz am Mittwochabend einen Hitler-Vergleich."Schade, dass die Berliner Mauer bereits abgebaut wurde, sie haette genuegend Platz geboten…
9. November 2007 at 17:13
Man kommt mit dem Aufschreiben ja gar nicht mehr nach. Wobei dieser Vergleich besonders interpretationsbedürftig ist. Was hat Schäuble damit wohl gemeint? Dass die Beschwerdeträger so falsch liegen wie Hitler? Wohl nicht. Man hört eher den Versuch heraus, sie lächerlich zu machen, und den Eindruck zu erwecken, dass ihr Projekt wie Hitlers Feldzüge trotz großen Selbstbewusstseins von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist (Russischer Winter!). Was ich dann doch wieder lustig finde. Hitler als Beispiel für jemanden zu verwenden, der sich letztendlich dann doch als harmlos (!) erwiesen hat, ist ja doch, sagen wir mal, wagemutig.
9. November 2007 at 23:15
naja ich finde es nur schade, dass man dieses wichtige thema – abbau der demokratischen strukturen in der vermeintlich ältesten demokratie – in der sz einer publizistischen geisterfahrerin überlässt und dann auch noch "hitler" in der überschrift rülpst, damit auch wirklich niemandem das lesen dieses artikels nicht aufgedrängt wird. zumindest stehts ja nur im feuilleton.. ich empfehle dringend sich auf das frühere niveau der klamauk-überschriften zurückzubesinnen, á la "in den usa ist was im bush" oder so ähnlich.
10. November 2007 at 09:50
Naja, einen Mangel an USA-Kritik kann man der SZ ja jetzt auch nicht vorwerfen. Frau Wolf passt da doch gut ins Bild. Übrigens hat sie sicher mehr Renommee als sämtliche SZ-Schreiber zusammen, auch, wenn Sie nicht bei ‘ner Zeitung angestellt ist.Für Klamauk-Überschriften hat die SZ jetzt ihren Online-Bereich. Da darf der Schlagzeilentexter sich an Bilderstrecken austoben.