Der gehütete Kater

I know it is wet / And the sun is not sunny. / But we can have /Lots of good fun that is funny.

Der 1957 erschienene amerikanische Kinderbuchklassiker  “The Cat in the Hat” hat, was kulturelle Wirkmächtigkeit angeht, vermutlich keine Entsprechung auf dem deutschen Markt. Obwohl manche befürchten,  “Der Regenbogenfisch”, ein weltanschaulich zweifelhafter Riesenbestseller für Vorschulkinder, könnte in Deutschland ähnlich einflussreich werden:

“Dieses Buch ist Sozialismus pur. Den Kindern wird beigebracht, dass man nichts besitzen darf, anderenfalls ist man ein böser Mensch und bekommt keine Freunde. Es dokumentiert die sogenannte soziale Gerechtigkeit, die Umverteilung von oben nach unten. Alle Menschen sollen gleich (wenig) besitzen (eine einzige Schuppe). Es wird ihnen vorgemacht, dass sie nur dadurch glücklich werden können (durch fehlende Individualität und Besitzlosigkeit). Das ist die Verneinung des Lebens. So können Kinder schon in zartestem Alter politisch manipuliert werden.” (Ein empörter Amazon-Kunde)

Ganz anders bei der Hutkatze. Die wurde nicht primär nach politischen oder moralischen Vorstellungen der Eltern, sondern nach empirischen Kriterien der Leseförderung gestaltet: der Autor, Theodor Geisel (aka “Dr. Seuss”), hatte im Artikel eines Experten gelesen, dass Kinder durch zu viele Vokabeln, zu lange Wörter, und zu brave Geschichten vom Lesen abgeschreckt werden. Er nahm deshalb die Liste von 220 einfachen Wörtern, die amerikanische Kinder in den ersten Schuljahren lernen, erfand einen irren, subversiven Protagonisten – die Katze mit Hut -, und bastelte ein Buch draus:

“The story is 1626 words in length and uses a vocabulary of only 236 distinct words, of which 54 occur once and 33 twice. Only a single word – another – has three syllables, while 14 have two and the remaining 221 are monosyllabic. The longest words are something and playthings. (…)

The Cat at one point balances a cup, some milk, a cake, three books, the Fish, a rake, a toy boat, a toy man, a red fan, and his umbrella while he’s on a ball to the chagrin of the goldfish.” (Wikipedia)

Aufgrund der rigiden Wort- und Silbenbeschränkung brauchte Geisel neun Monate, um das durchgehend gereimte Buch fertigzustellen. Es wurde 10 Millionen Mal gedruckt und gehört noch heute zu den bestverkauften Büchern im Segment “Lesen Lernen”. Die Übertragung ins Deutsche kam anscheinend nicht so gut an.

(Die abgebildete Katze gehört zur Hutmacherei ALIDA in der Fürstenstraße)

4 Responses to “Der gehütete Kater”

  1. Wolf Says:

    Die Katze mit Hut find ich auf Englisch wie Deutsch ein reichlich belangloses Geplänkel, kein Vergleich mit den britischen Drogentrips wie der Alice. Na gut, anscheinend hat er sich an seine stilistischen Beschränkungen gehalten, dann is es wenigstens gebundene Rede.

    Der Fürstenstraßler Miez neben dem Hut dagegen sieht dem hauseigenen Moritz fast erschreckend ähnlich. Das ist nämlich ein Blotched Tabby: mit Ringeln statt Streifen und weißem Kinn, das Gegenteil von einer Katzenzicke, unkompliziert im Umgang. Sogar das Halsband stimmt. Wenn man nicht wüsst, dass es bis dahin doch ein Stück zu tippeln is…

  2. cohu Says:

    Mit der Alice hat aber noch niemand Lesen gelernt, höchstens irgendwelche hochbegabten oxonischen Professorenkinder 😉

    (Ich hab die Hutmiez immer für eine “Sie” gehalten. Naja, wer weiß, was für ein wildes Doppelleben Euer Moritz führt – verwegene Schaufensterkatze bei Tag, braver Sofakater bei Nacht… Buchidee: “The cat in the drag!”)

  3. Wolf Says:

    Moritz, man vergisst es so leicht, ist ja auch ein Mädchen. Und hat selbstverständlich anhand des “Kater Murr” von E.T.A. Hoffman lesen gelernt. Aber nur die Ausgabe voller Bilder bei Büchergilde Gutenberg 😉

    (Überhaupt sollen ja nur Kätzinnen drei Farben aufweisen. Fehlt den geblotchten Tabby-Katern dann der Weißbart als dritte Farbe? Man weiß so wenig…)

  4. cohu Says:

    Also eigentlich Maurizia!
    Mit den drei Farben ist nur calico gemeint, getigert zählt da nicht – eigentlich unlogisch… wobei es wohl, wenn man in Brehms Tierleben schaut, eh besser für eine Katze ist, nicht dreifarbig zu sein:

    “Eine dreifarbige Katze schützt das Haus vor Feuer und anderem Unglück, die Menschen vor dem Fieber, löscht auch das Feuer, wenn man sie in dasselbe wirft und heißt deshalb „Feuerkatze“. Wer sie ertränkt hat kein Glück mehr oder ist sieben Jahre lang unglücklich; wer sie totschlägt hat fernerhin kein Glück; wer sie schlägt muss es von hinten tun.”


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