Cohus Venedig-Aufenthalt war wissenschaftlich wie touristisch ein voller Erfolg: Ich empfehle allen LMU-Angehörigen (und gegebenenfalls auch meinen Lesern von der Duke University), einmal ein Seminar auf San Servolo zu besuchen. Blockseminare sind wohl die effektivste Form, sich ein Thema zu erschließen, und: Selbst bei Regen kann man sich nachmittags mit Tischkicker und (welch ungewohnter Luxus!) sogar zimmereigenen Fernsehern gut unterhalten. So konnte ich etwa meine (noch) miserablen Italienischkenntnisse durch einen beeindruckenden Tarot-Kartenleger und anspruchsvolle Talkshows schulen. Bei schönem Wetter lassen sich Nachmittage und Abende mit bloßem durch-die-Gassen-Schlendern vortrefflich verbringen. Wer wie wir einen Reiseführer von 1972 mitgebracht hat (Danke, Herr Ford!) wird darin sogar einige nicht mehr existente Brücken und früher wohl noch betretbare Ruinen verzeichnet finden, nicht jedoch die Isola San Servolo: die war nämlich bis 78 eine psychiatrische Anstalt und somit kein Bildungsbürger-Material. Ein klein wenig gruselig wirkt die Insel – jedenfalls bei Dunkelheit und Nebel – heute noch, vor allem aufgrund der rundum angebrachten meterhohen Mauern, die nur ab und zu mit vergitterten Öffnungen den Blick auf die Lagune freigeben.
Den tiefgreifenden Erholungseffekt von Paternalismuskritik, Vaporetti, Pizza "Tira e Molla" und Aufenthalt in fürsorglicher (!) Sanatoriumsatmosphäre konnte der mehrstündige Flughafen-Wahnsinn auch nicht ganz zunichte machen – irgendwie hätte man dieses Chaos aber schon ahnen können bei einem Airport, der nach einem der notorischsten Lügner der Weltgeschichte benannt ist…
(Bild: Letcombe/wikimedia commons)
27. May 2008 at 10:58
ach, san servolo im mai – wie schön! vorteil, wenn man auf der insel wohnt: man muss nicht mit dem schiff aus der stadt ankommen und aufgrund des übermäßigen wein- und spritz-genusses am abend zuvor vielleicht mal genauer über die reeling schauen 😉