Happiness…

Jetzt mal wieder zu den Sachthemen. Vielleicht hat der eine oder andere von Euch das Interview mit Richard Layard in der SZ am Wochenende gelesen (Artikel im Netz leider nur kostenpflichtig erhältlich). Layard ist ein renommierter Ökonom an einer Londoner Wirtschaftsschule der LSE, außerdem langjähriger Berater der Blair-Regierung und somit ein Vater des “Dritten Weges” bzw. der “Neuen Linken”, der in der letzten Zeit mit dem jetzt auch ins deutsche übersetzten Buch “Die Glückliche Gesellschaft” Aufsehen erregt hat.
Insbesondere die deutsche Presse jubelt über die Layards Thesen, die angeblich zu einem “radikalen Kurswechsel” der Politik aufrufen, indem er eine “neue große Vision” entwickelt: im Zentrum soll nicht mehr das Wirtschaftswachstum stehen,sondern “der Mensch”, bzw. eben das Glück. Schon der Klappentext lässt schlimmes ahnen:

“Wir sind eine Wohlstandsgesellschaft – eine glückliche Gesellschaft sind wir nicht. Stress, Angst und Unsicherheit bestimmen unser Leben auf der Jagd nach Geld und Erfolg. Schuld ist die einseitige Fixierung auf ökonomisches Wachstum, die Politik und Wirtschaft bestimmt. Mit seinem Blick auf das Glück der Menschen stellt sich Richard Layard radikal quer zu seiner Zunft und zur herrschenden Politik. Er macht konkrete und unbequeme Vorschläge für einen Politikwechsel. Auf der Grundlage umfangreicher empirischer Studien geschrieben, ist sein Buch ein Plädoyer gegen die Herrschaft der Ökonomie über unser Leben, ein dringender Appell zum Handeln und eine neue große politische Vision, deren Kern das Glück der Gesellschaft ist.” (libri.de)

Da schwebt dann dem momentan vielleicht etwas bedröppelten SPD-wählenden Journalisten Layard gleich einem Ritter auf dem weißen Hengst des Wirtschaftsverstandes vor Augen, der herbeigaloppiert, um uns alle vor den bösen
Heuschrecken und Neolibs zu retten. Er will unser Glück, alle anderen wollen nurWachstum!
Diese Begeisterung geht wohl etwas an der eigentlichen Frage vorbei. Das Ziel fast aller politischer Visionäre ist das “Glück der Gesellschaft” (zumindest seit dem Siegeszug des Utilitarismus). Nur glaubt jeder, es auf eine andere Art und Weise am besten erreichen zu können: der eine versucht das eben über möglichst hohes Wirtschaftswachstum, der andere mit Bierdeckeln oder 25% oder Freibier, manche probieren’s mit einem Blitzkrieg, und der nächste – nämlich
Layard – mit dem Hinweis, dass niedrige Steuern und hohes Pro-Kopf-Einkommen nicht alles sind.

4 Responses to “Happiness…”

  1. Marco Polo Says:

    Beim "Dritten Weg" scheint ja die Vaterschaft ziemlich umstritten zu sein: Als ich noch Wirtschaftsschueler war, wurde sie vom damaligen Direktor <a href="http://old.lse.ac.uk/collections/meetthedirector/introduction.htm">Anthony Giddens</a> beansprucht. Sollte Layard heimliche Gentests durchgefuehrt haben? Pfui!

  2. Computadora Says:

    Ich meinte: *einer* der Väter. Die Sozialdemokratie – man muss es leider so sagen – ist eine Hure, in deren Lotterbett sich schon so mancher Ökonom gewälzt hat…

  3. Marco Polo Says:

    "Lotterbett" – sehr schoenes Wort! Im uebrigen ist auch die Vorstellung einer Co-Vaterschaft zutiefst sozialdemokratisch…

  4. Ingo Says:

    Ach deshalb wollte Zypries Vaterschaftstests staerker einschraenken.


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