There’s probably no god

Das Vereinigte Königreich ist von jeher eine Hochburg der Religionskritik: schließlich hat man hier den Empirismus erfunden, und spätestens mit Darwin wars dann endgültig vorbei mit der geruhsamen Glauberei. Auch bei diesem Thema zeigt sich übrigens der Charme der aurea mediocritas,(*) der Goldenen Mitte also: viele Fundamentalatheisten kommen in ihrem Auftreten in nach Cohus Geschmack ja fast schon ebenso unsympathisch daher wie (sehenswerte) Vertreter der anderen Seite. Herrn Dawkins (natürlich auch ein Brite!) führt das Camp Extrem-Blasphem an, darunter auch die berüchtigten "Brights", die sich in zehennagelaufrollender Idiotie selbst für die Allerhellsten halten, als hätten sie den Materialismus im Alleingang erfunden.

In Großbritannien jedenfalls ist der Atheismus praktisch schon ein Volksglaube. Nicht nur, dass seit einiger Zeit Londoner Busse für die Tatsache werben, es gäbe "wahrscheinlich" (sic!) keinen Gott.

Der Volksatheismus hat auch schönere Seiten: so wandelten etwa in Northumberland zwei Briten eine aufgegebene Kirche in ein Wohnhaus um, und das ist ganz schön gut gelungen, wie man in der Fotostrecke "We turned a church into a home" nachprüfen kann (besonders pikant ist für christlich Sozialisierte: die Platzierung des Ehe, äh, Partnerschaftsbetts).

Zu den erfreulichsten Folgen des Abwurfs christlich-abendländischer Ketten der Weltanschauung gehört allerdings die Wiederentdeckung vorchristlicher Glaubensrichtungen, insbesondere des Paganismus (vulgo Heidentum). Angeblich gibt es mittlerweile schon wieder 250.000 praktizierende Heiden in Großbritannien. Die diesseitigen Vorteile dieser Konfession sind aber auch für spirituelle Analphabeten wie Cohu nachvollziehbar: heidnische britische Polizisten bekommen mittlerweile bis zu 8 freie Tage, um ihrem Glauben nachzugehen, dazu gehören die Sommersonnenwende oder (für Cohu geburtstagstechnisch besonders interessant) das Halloweenfest. Am interessanten am einschlägigen BBC News-Artikel ist aber mal wieder ein Nebensatz: es gibt eine Pagan Police Association, eine Organisation der heidnischen britischen Polizisten also. Großbritannien schlägt uns also nicht nur beim Atheismus, sondern auch bei der Vereinsmeierei um Längen.

(*) Dieselbe aurea mediocritas war übrigens auch Thema der Rede, die Cohus Schuldirektor bei ihrer Abiturfeier hielt. Ich habe jetzt fast elf Jahre lang drüber nachgedacht, aber bis jetzt ist mir kein Motto eingefallen, das für eine commencement speech vor einer Hundertschaft Neunzehnjähriger schlechter geeignet wäre. Chapeau, Herr Dr.Fr.Br.!

(Bild: Julius Schnorr von Carolsfeld, via Wikimedia Commons)

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