Dem Twitter-Medium steht Cohu ja tendenziell leidenschaftslos gegenüber: einerseits finde ich die Idee ganz lustig, schließlich schreibe ich auch die eine oder andere Facebook-Statusmeldung, was wohl so ähnlich ist wie "twittern", andererseits lese ich keine Twitter-Feeds (mit einer einzigen Ausnahme, für die ich aber vollumfänglich meine Hormone verantwortlich mache). Also insgesamt eher meh.
Aber was ich immer wieder lustig finde: wie sehr sich Leute über Twitter ereifern können, und was dahinter oft für ein seltsames Menschen- und Weltbild steht. Eine der am meisten vorgebrachten Behauptungen von Twitter-Skeptikern ist eigentlich immer sowas:
"Also mich interessiert es einfach nicht, was irgendwelche Leute zu Mittag gegessen haben, ob sie grade auf den Bus / das Flugzeug / einen Termin warten oder welches Youtube-Video sie grade gesehen haben. Für sowas hab ich einfach keine Zeit."
Das ist ja an sich schön und gut und ich will niemandem vorschreiben, welche Prioritäten er im Leben zu haben hat, mich wundert es aber immer, mit welcher Inbrunst und moralischem Überlegenheitsglauben diese Behauptung vorgetragen wird. Als wäre es ein Beleg für wirkliche menschliche Größe, dass einem die alltäglichen Belange und Gefühle, Sorgen und Freuden anderer Menschen vollkommen am Arsch vorbeigehen. Was hat man eigentlich für ein Menschenbild, wenn man stolz darauf ist, an anderen Menschen grundsätzlich erstmal kein Interesse zu haben – es sei denn, man kennt sie "wirklich" und "in echt" oder sie übermitteln nützliche Informationen? Wo folgerichtig auch jeder, der seinen Frust, Spaß oder einfach nur seine Langeweile der Umwelt in harmlosen Kurzmeldungen mitteilt, als "Narzist" oder "Exhibitionist" gilt? Sind für Menschen, die sich über die Idiotie von Twitter aufregen, eigentlich grüßende Nachbarn und übers Wetter ratschende Kassiererinnen, plaudernde Omas in der U-Bahn oder im Wartezimmer, "nur zum Ratschen" anrufende Freunde oder, um im Bild zu bleiben, zwitschernde Vögelchen, eigentlich auch narzistische, lärmende Belästigung und Ablenkung von eigentlich Wichtigem (was auch immer das ist)?
Wäre ja ok. Ich bin ja wirklich die Letzte, die ein Problem mit introvertierten Misanthropen hätte. Ich weiß nur nicht, ob es das ist, was Twitter-Skeptiker eigentlich signalisieren wollen…
(Bild: Martin Cathrae, flickr)
8. June 2009 at 09:28
Ich muss mich dazu bekennen Twitter intensiv zu benutzen. Das hat zwei Gründe:1. Informationen: Nebst Privatleuten Twittern mittlerweile auch Spiegel, Stern, Fachmagazine usw. Ihre Meldungen, genauso wie Blogs hinaus, mit der Möglichkeit direkt über Twitter auf diese selbst reagieren zu können. Ist einfach etwas persönlicher als den RSS Feedreader anzuwerfen.2. Wenn ich etwas cooles im Netz finde, warum denn nicht "Sharen"? Das ist doch auch der Grundgedanke hinter Facebook! Teilen und sich drüber unterhalten. Ja, klar, das kannst Du auch mit einem Freund machen, wenn er bei dir vorbeischaut, aber mal ehrlich, wie oft sieht man einen Freund der 500km weit weg wohnt?