Die FAZ hat schon recht, wenn sie beklagt, dass im Spitzer-Skandal nun das Leben der betroffenen Prostituierten unter die Lupe der Presse genommen wird. Es gibt interessantere Themen (nur kann man die, für SPON ausschlaggebend, nicht mit Halbnacktfotos illustrieren. Oder will hier jemand Kurt Beck im Bikini sehen? – Mahlzeit!). Warum der Abdruck des (öffentlich zugänglichen) Myspace-Profils bzw. der Liedtexte der Dame so schrecklich fies ist, wird mir allerdings nicht klar. Deutlich übers Ziel (und die Grenzen des guten Geschmacks) hinaus schießt der Autor dann mit der Formulierung, Herr Spitzer hätte “die junge Frau mit Geld zu Sex genötigt.” Wenn ich zum Kiosk gehe, dem Verkäufer zweifuffzich hinlege und eine FAZ verlange – was, bei Gott, selten vorkommt-, hab ich ihn auch nicht “mit Geld beraubt”, sondern ein Geschäft mit ihm gemacht. Aber zu einem solchen – klar – kann eine junge hübsche Frau, die auch noch aus schlimmen Verhältnissen stammt, natürlich per definitionem gar nicht in der Lage sein. Erklären wir sie deshalb doch gleich von vorneherein zum Opfer, das erst von seinen Kunden missbraucht, und jetzt auch noch von den Medien “vergewaltigt” wird.
Prostitution automatisch in die Nähe sexueller Nötigung zu rücken, ist eine Beleidigung für alle Prostituierten – und vor allem für alle Opfer tatsächlicher sexueller Nötigung, also z.B. der sogenannten “Zwangsprostitution”, die mit dem Ausdruck serielle Vergewaltigung besser bezeichnet wäre. Und die Ehre einer Frau – um die scheint es dem Autor ja zu gehen – schützt man nicht dadurch, dass man sie zum hilflosen, armen Opfer erklärt. Hilfreicher wäre für die Situation Prostituierter der Hinweis, dass die in den USA betriebene Kriminalisierung der Prostitution ein schädliches Überbleibsel aus dem letzten Jahrhundert ist, das – auch in diesem Fall – Leben zerstört.
14. March 2008 at 13:53
Mei, dat Mädel hatte ja auch eigentlich andere Ziele … Musik und so. Was wohl (bisher) so nicht geklappt hat.Sie ist jung, sie braucht das Geld … und ein Stundensatz von 1000 Dollar, da weint der eine oder andere Selbständige/Berater. Vor Neid.Andere Mädels suchen sich nen Ehemann/Sugardaddy und machen einen auf Liebe, als 20-Jahre-jüngere-Zweit/Drittfrau, auch "Trophy wife" genannt. Gerne Blond, in Pink gewandet, Schlauchbootlippen … hach, Klischees sind so was schönes.So heftig wie sich Mr. Spitzer als "Mr. Clean" positioniert hatte. Und lässt sich genau "damit" erwischen. Priceless (angelehnt an der Master-Card-Werbung). Die Häme tut gut.Bei ihm wäre selbst eine Geliebte nicht ganz so heftig in der Öffentlichkeit kommentiert worden.Harr.
27. March 2008 at 11:22
Man kann über die Kriminalisierung von Prostitution streiten; ich kann aber nicht nachvollziehen, wie Sie, werte Cohu, so tun, als ob Prostitution ein normaler Beruf sei. Im besten Falle handelt es sich um ein psychologisches Problem der Frau. Das kommt wohl aber selten vor, so dass es eher um wirtschaftlichen oder körperlichen Zwang geht. Dann ist man aber schnell im kriminellen Milieu.Und noch eine Folge Ihrer Denkweise stößt mir sehr auf: Wenn Frauen, die Prostitution betreiben, einen normalen Beruf haben, dann sind Männer, die zu solchen Frauen gehen, offensichtlich auch einfach nur Geschäftspartner. Do ut des. Synallagama und so weiter. Das widerstrebt mir noch mehr. Ein Mann, der zu einer Prostituierten geht, hat ein Problem, und zwar ein massives. Mag sein, dass dies kulturell erzeugt wurde, durch unsere verklemmte Gesellschaft o.ä.- Aber an dieser Grundfeststellung darf man meines Erachtens nicht vorbei. Denn wenn ich mir einen Menschen kaufe für eine Tätigkeit, die den sensibelsten Bereich unserer Wahrnehmung und unseres Zusammenlebens betrifft, dann ist das eben etwas grund verschiedenes von dem Kauf einer Dienstleistung im herkömmlichen Sinn.Ich wäre froh, Sie würden Ihre hier nicht allzu differenzierende Meinung aufgeben und einstimmen in die Erkenntnis, dass Maßnahmen gegen Prostitution in jeder Form ergriffen werden sollten. Vermutlich nicht strafrechtliche, aber doch gesellschaftliche.Höflichst, Krötmoser
27. March 2008 at 11:52
Endlich hat cohu auch einen Troll!Die herzlichsten Glückwünsche hierzu von mir;-)
27. March 2008 at 12:48
Lieber Herr Krötmoser, ein Mann, der zur Fußpflegerin geht, hat auch ein Problem (Eingewachsene Nägel, Hornhautberge, Fußpilz – Mahlzeit übrigens!). Auch er teilt mit der Dame Körperregionen, die zu seinem Intimbereich gehören und die er sonst (hoffentlich!) niemandem außer seiner Frau entgegenstrecken würde. Zugegeben: auch ich kann nicht vollständig nachvollziehen, warum Menschen einen Beruf in der Fußpflege oder Prostitution ergreifen – doch es soll ja auch Menschen geben, die in der Proktologie oder sogar in der Juristerei ihre Erfüllung finden, also sind die Geschmäcker anscheinend verschieden. Wie Sie empfinde ich ein leichtes Ekelgefühl, wenn ich es mit Menschen zu tun habe, die ihre Fuß- oder Sexualhygiene nicht selbst im Griff haben und daher Hilfe in Anspruch nehmen müssen (wobei Mitleid vermutlich angemessener wäre). Ein gesellschaftliches oder gar moralisches Problem sehe ich dennoch nicht in der (legal, ohne Zwang oder Ausbeutung praktizierten) Fußpflege. Oder der (legal, ohne Zwang oder Ausbeutung praktizierten) Prostitution. Die Überhöhung des penetrativen Geschlechtsverkehrs zum mystischen Akt überlasse ich anderen, die sich mit Sex besser auskennen (kath. Geistliche?). Dass Sie, lieber Herr Krötmoser, schließlich den Fall der Frau, die unabhängig von romantischen Gefühlen gerne und oft Geschlechtsverkehr hat, als "psychologisches Problem" rubrizieren, lässt mich in der Hoffnung zurück, dass auch Sie bald den Weg ins 20ste (wenn nicht gar 21ste) Jahrhundert finden, in dem "Nymphomanie" kein Krankheitsbild mehr ist. Ich empfehle Ihnen zum Einstieg den Klassiker Alfred C. Kinsey, M. Baacke: "Sexual behavior in the human female", Frankfurt a.M.: S. Fischer, 1966, erhältlich in jeder gut sortierten Bibliothek.Herzlichst, Cohu@felix: Es gibt Schlimmere…sowas wie "Wen interessiert schon Prostitution." finde ich immer besonders nett.
27. March 2008 at 13:55
Das Wort Troll war mir bisher nur im Zusammenhang mit "patent troll" bekannt. Wie dem auch sei, es ist mir natürlich ein großes Kompliment.Dass Sie, werte Cohu, Penetration und Fußpflege gleichzeitig in den Mund nehmen, mag bei Pulp Fiction entlehnt sein, entbehrt aber ansonsten schon einer gewissen Ernsthaftigkeit, m.E. ist es geradezu naiv.Regelrecht gefährlich finde ich die Auffassung, freiwillige Dirnen seien im Wesentlichen nymphoman veranlagt und hätten gerne Sex. Seit ewigen Zeiten leiden Frauen unter den Folgen von Prostitution, die meiner Meinung nach Folge eines verkrampften, falschen Rollenverständnisses zwischen Männern und Frauen ist. Ich hielte es für angebrachter, wenn Männlein wie Weiblein sich mal Gedanken über ihre sexuellen Störungen machen würden und eine aufgeklärtere, sexuell reifere Gesellschaft anstrebten. Da sind Ihre Äußerungen jedenfalls nicht hilfreich. Wer dann wo wie im 19. Jahrhundert rumdümpelt, mag wer anders entscheiden. Momentan ist Prostitution – genau wie Pornographie – jedenfalls eine Gefahr für Frauen und die Gesellschaft als Ganzes. Wer dies leugnet, verhindert wichtige Fortschritte.
27. March 2008 at 15:00
Dass Sie die Vorstellung, manche Frauen hätten gerne Sex, für "gefährlich" halten, überrascht mich nicht. Scherz beiseite, ich verstand Ihre Anmerkung, Prostitution sei "bestenfalls ein psychologisches Problem der Frau" als Hinweis darauf, dass promiske Frauen, darunter auch manche Prostituierte, ihrer Ansicht nach wohl nicht alle Tassen im Schrank haben (können). Was ist denn Ihrer Ansicht nach das "psychologische Problem" der freiwilligen Prostituierten? Halten Sie es wirklich für ausgeschlossen, dass es Prostituierte gibt, denen ihr Beruf grundsätzlich Spaß macht? – es gibt schließlich nicht wenige "Sex Workers", die genau sowas erzählen. Soll man solche Äußerungen dann als Gebrabbel geistig Verwirrter abtun? Wissen Frauen – so meine Vermutung – halt einfach in den meisten Fällen selbst gar nicht so richtig, was gut für sie ist, so dass das besser mal die Gesellschaft oder die Kirche für sie entscheiden sollte?Ich sehe in bestimmten gewaltsamen und geschmacklosen Formen der Prostitution und Pornographie natürlich ebenfalls ein sehr großes Problem. Aber eben nicht in Prostitution und Pornographie an sich. Genauso, wie ich in bestimmten Formen der Hausfrauentätigkeit ein großes (auch gesamtgesellschaftliches) Problem sehe, nämlich, wenn die Hausfrau stigmatisiert, diskriminiert, als dumm dargestellt, in finanzieller oder sonstiger Abhängigkeit gehalten wird oder sogar, unter Androhung körperlicher Gewalt, in Quasi-Sklaverei schuften muss, was gar nicht selten ist. Das heißt aber nicht, dass die Hausfrau als Institution "ein Problem" ist und sie bzw. die "Hausfrauenehe" abgeschafft gehört – sondern dass man sich die Interessen der Betroffenen ehrlich und offen, und ohne moralistischen und paternalistischen Ansatz, ansehen und sie (evt. auch bei der Gesetzgebung) berücksichtigen sollte. Eine "Reifere Gesellschaft" sehe ich daher in der Aufhebung der Stigmatisierung von Prostituierten und Ermöglichung sicherer Arbeit in diesem Bereich. In einer Verklärung der Sexualität zum Rätsel oder geradezu zur höchsten Form menschlicher Kommunikation kann ich nichts besonders Reifes oder Fortschrittliches finden. Es bleibt natürlich jedem Einzelnen unbenommen, die eigene Sexualität so zu verstehen und sich dementsprechend zu verhalten. Für alle anderen bleibt Sex aber schlicht das, was er schon immer war: eine angenehme Körperfunktion unter vielen. Wer das für "naiv" hält, hat vermutlich Zugang zu einer höheren tantrischen Seinsebene, die mir bis jetzt verborgen geblieben ist.
27. March 2008 at 16:48
Letztendlich soll es doch bitte der Markt regeln.Wenn es keine Nachfrage nach Prostitution gibt, bzw der finanzielle Anreiz in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand steht, dann wird es keine mehr geben.(verbürgten Aussagen nach läuft dieses Geschäft allerdings mindestens schon 2000 Jahre recht erfolgreich, scheint also ne sichere Anlage zu sein).
27. March 2008 at 18:27
Genau. Und Waffenverkäufe, Kinderpornos, Ehrenmorde sollte doch auch der Markt regeln. Wenn es überall Waffen gäbe, gäbe es auch irgendwann keine Menschen mehr und die bräuchten dann auch keine Waffen mehr.Vielen Dank für diese geistreiche Erleuchtung, tu felix !
27. March 2008 at 19:06
Deine Gleichsetzung einer bestimmten Form einvernehmlicher Ausübung von Sexualität mit Missbrauch von nicht Einwilligungsfähigen und Mord ist jetzt allerdings auch nicht grade der Gipfel argumentativer Überzeugungskraft, Krötmoser. Vielleicht noch ein Nazivergleich, wie wär’s?Um Felix’ Argument etwas zu verdeutlichen: wo es seit Jahrtausenden Angebot und Nachfrage zu geben scheint, ist eine Prohibition vielleicht nicht angebracht. Und zwar deshalb, weil ein funktionierender Markt ein Indiz dafür sein kann, dass es auf beiden Seiten ein Interesse an einem solchen Austausch gibt. Warum aber sollte man Erwachsenen Menschen etwas verbieten, was in ihrem Interesse liegt?Wenn es in diesem Bereich nun gar keine Freiwilligkeit gibt (ich weiß nicht, ob das Deine Position ist?), sieht die Sache natürlich anders aus. Aber das war ja grade die Eingangsfrage, und die wird durch Analogien zu ganz offensichtlich einseitig unfreiwilligen Schreckenstaten wie Mord und Kindesmissbrauch nicht beantwortet.
27. March 2008 at 19:14
P.S. Ein analoger Fall, der Dir vielleicht eher weiterhelfen könnte bei Deiner Argumentation, ist vielleicht der Organhandel. Hier sind ja viele der Meinung, dass eine Marktlösung unmoralisch wäre, und Organhandel ist ja auch praktisch überall verboten. Das Verbot finden allerdings auch nicht alle richtig.
27. March 2008 at 19:55
Danke cohu, muß ich jetz weniger schreiben :-)Jemand der Prostitution in einen Zusammenhang mit Straftaten wie Mord oder Kindesmißbrauch bringt, hat offensichtlichst noch ganz andere Sachen nicht verstanden.Entweder jetzt kommt dann wirklich gleich Godwin’s Law oder vielleicht ein Terrorismus-Argument.Ich bin schon sehr gespannt wies weitergeht.
27. March 2008 at 21:40
In diesem Zusammenhang möchte ich generell etwas Sachlichkeit in die Debatte bringen und auf diese empirischen Ergebnisse zur Prostitution hinweisen, insbesondere auch für Juristen die erste Frage.
28. March 2008 at 11:45
Vielleicht wollen die Kinder ja auch mitmachen beim großen lustigen "Ich-werd-penetriert-und-dabei-gefilmt"-Spiel?(Entschuldige, David, das war vermutlich nicht de angemessene Reaktion auf deine Sachlichkeits-Bitte).Aber mal im Ernst. Bei so einem sensiblen Thema reicht es eben nicht aus, einfach auf einen funktionierenden Markt zu verweisen. Abegesehen davon, dass "dieser Markt" (wie das schon klingt!) auch zu vielen Morden und Verbrechen geführt hat. Man kann hier aber keine Trennlinie ziehen zwischen freiwilliger und pseudofreiwilliger Prostitution. Und meines Erachtens wäre es sehr wichtig, wenn der staat massiv gegen diesen Markt vorginge. Gegen den Drogenmakrt geht er ja auch vor – mit schlechteren Argumenten, meines Erachtens.@ Tu felix & Cohu: Godwin’s Law kenne ich nicht. Nazivergleiche liegen mir nicht. Bitte dies zu berücksichtigen. Sollte es sich bei ersterem aber um ein von pseudophilosophen hochstilisiertes Poserargument halten, bitte ich darum, Vorsicht walten zu lassen.Kröti (verbrauchte TAN: 773392)
28. March 2008 at 12:53
Ich sehe da leider immer noch kein Argument. Ich sehe zunächst mal eine Analogie von Prostitution zu Kinderpornos, deren offensichtliche Asymmetrie ziemlich gut verdeutlicht, was Du nicht kapieren willst: nämlich, dass Kinder eben grundsätzlich nicht einwilligen *können*- erwachsene Frauen aber schon.Natürlich ist ein bloßer Verweis auf "den Markt" kein ausreichendes Argument. Aber das bloße Statuieren von angeblicher "Pseudofreiwilligkeit" auch nicht. Wie genau, lieber Herr Krötmoser, willst Du "echte" von "falscher" Freiwilligkeit unterscheiden? Das ist die zentrale Frage. Du antwortest darauf: man kann diese Trennlinie nicht ziehen. Daraus folgerst Du, dass man einfach allen Prostitutionswilligen unterstellen sollte, dass sie nicht freiwillig handeln, wohl, weil es einige/viele Prostituierte gibt, die unfreiwillig handeln (ist das Dein Argument?). Naja. Es gibt einige Kriterien für "Freiwilligkeit", die sinnvoll und auch in liberalen Gesellschaften anerkannt sind. Etwa: Alter oder, damit im Zusammenhang stehend, Geisteszustand (Kinder und Demente können nicht ieS "freiwillig" etwas tun oder einwilligen). Merke: Das Kriterium "X will was machen, was ich blöd finde!" ist KEIN gutes Kriterium, um jemandem Freiwilligkeit abzusprechen.Ehrlicher und konsistenter wäre dann meiner Meinung nach das schlichte Statement: "Weil ich Prostitution eklig finde, sollte es den Prostituierten verboten werden, sich zu prostituieren!". Das kann man aber nicht so schön als Rettung "eigentlich" unfreiwillig Handelnder konstruieren, sondern das ist dann ein plumpes Verbot. Aber immerhin stringent. Ähnliche Argumentstrukturen gäbe es glaube ich z.B. bei sowas wie dem Verbot, Hundefleisch zu verkaufen: schadet niemandem, wird aber irgendwie eklig gefunden und daher gibt’s Berufsverbot für Hundemetzger.Morde und Verbrechen entstehen – nach Ansicht vieler Experten – durch die Kriminalisierung von Prostitution und Drogen, nicht durch diese Tätigkeiten selbst. Prohibition ist in beiden Fällen eine schlechte Lösung.
28. March 2008 at 13:20
Ich gebe dir in vielen Punkten recht. Ich kann mir auch eine Gesellschaft vorstellen, in der ich Prostitution, legal und unter Beachtung von sozialen Standards, akzeptabel finde. Ich gebe dir auch recht, dass mein stärkstes Argument wohl tatsächlich ist, dass ICH Prostituti.on eklig finde. Mein eigentlicher Diskurs begann aber damit, dass ich 1. in der Prostitution eine Gefahr für die Gesellschaft sehe oder zumindest die Perpetuierung nicht wünschenswerter Zustände und 2. eine geistige Auseinandersetzung mit den Ursachen für das Verhalten, dass Menschen andere Menschen kaufen, vermisse.Wenn man in einer aufgeklärteren, mündigeren und fortschrittlicheren Gesellschaft, wie sie z.B. in diesem Bereich in Skandinavien vorgelebt wird, dann immer noch auf Prostitution stößt, aber unter anderen Voraussetzungen und in anderer Quantität, fände ich es nicht so schlimm, weil ich dann eher glauben könnte, dass sich – je – zwei (oder mehr) gefunden haben, um gemeinsame Begierde auszuleben.Im Übrigen bin ich mit deiner Definition von Freiwilligkeit nicht einverstanden. Ich denke, viele Frauen kommen zur Prostitution, weil sie niemals ein tief emotionales Verhältnis zu gelebter Sexualität aufbauen konnten, woher auch immer das kommen mag (Rolle der Frau in der entsprechenden Gesellschaft, Erziehung, Spüren von Liebe durch die Familie, Verliebtsein, etc.). Natürlich können diese Frauen freiwillig Prostituierte werden, aber es ist ein Armutszeugnis für eine Gesellschaft, wenn sie sich darauf ausruht antstat zu erkennen, dass es eben kein normales Verhalten ist, wenn man den Geschlechtsakt mit sich für Geld verkauft.Verbrauchte TAN: 663523
28. March 2008 at 14:21
Dein Ausgangspunkt war also die Forderung nach geistiger Auseinandersetzung mit Prostitution. "Geistige Auseinandersetzung" hab ich meiner Meinung nach schon in obigem Artikel, und zumindest hier im Thread, ziemlich ausgiebig betrieben. Leider führt "geistige Auseinandersetzung" bei unterschiedlichen Menschen offensichtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die "Gefahr für die Gesellschaft" liegt meiner Ansicht nach in der Prohibition der Prostitution, nicht in der Prostitution selbst. Aber selbst, wenn Kriminalisierung keine schädlichen Wirkungen hätte: ich glaube, wir sind uns einig, dass sie Prostitution nicht *verhindert* – und deshalb nutzlos ist. Wir können uns – was Du zwischen den Zeilen, und mit dem Hinweis auf das märchenhafte Skandinavien, so ein bisschen andeutest – einigen, dass es insgesamt besser wäre, wenn alle Leute nett, rücksichtsvoll, solidarisch und gut wären. Worauf wir uns definitiv nicht einigen können, ist eine gesellschaftliche Sexualmoral, die festlegt, was "normale" Sexualität ist. Ich weiß von mir ehrlich gesagt auch nicht, ob ich das von Dir beschworene "tief emotionale Verhältnis zu gelebter Sexualität" habe, und noch weniger, ob ich es überhaupt haben möchte. Das scheint mir insgesamt ein nebulöses Konzept aus dem katholischen Ehevorbereitungskurs zu sein, das hauptsächlich dazu dient, Sachen zu verdammen, die man irgendwie eklig findet…indem man Leuten, die anders ticken, schlicht unterstellt, psychisch gestört, nicht richtig entwickelt, richtig erzogen oder nicht "wirklich" reif zu sein. Womit wir wieder beim "find-ich-eklig"-Argument wären…
28. March 2008 at 14:39
Das Gefährliche an deiner Argumentation ist, dass sie einen Teil – soweit sind wir uns ja einig – der Prostitution, in der zwei mündige und erwachsene Menschen mit Spaß an welcher Form des Sex auch immer dies ausleben, unter Bezahlung des einen durch den anderen (warum muss der eine eigentlich zahlen, wenn es denn beiden gleich viel Spaß macht? Oder muss das bisschen weniger Spaß, dass es dem einen macht, durch finanzielle Zuwendung ausgeglichen werden???), dazu benutzt, um Prostitution per se für in Ordnung zu erklären.Das verkennt, dass Prostitution einen großen Schaden anrichtet, bei betroffenen Frauen, Männern und der Gesellschaft insgesamt. Das negierst du einfach. Was da ein Hinweis auf katholische Ehebücher bringen soll und darauf, dass du nicht sicher bist, ob du ein emotional erfreuliches Sexleben selbst hast, ist mir nicht einleuchtend.Die von dir beschworene lieberale Einstellung führt eben nachweislich zu verheerenden Folgen, da kann man doch nicht so tun, als ob alles fein und in Ordnung wäre. Hier müsste man Interessen abwägen, und bei dieser Abwägung kommt am Ende meines Erachtens heraus, dass es besser ist, gegen Prostitution vorzugehen (im Übrigen ja nicht, indem man gegen Prostituierte vorgeht, sondern die Freier und die Zuhälter, und in dem man die Gesellschaft aufklärt).Dein falsch verstandener Liberalismus führt hier – und nicht nur hier – zu einem deprimierenden Ergebnis, das ich nicht gut heiße.Wo ist eigentlich felix hin verschwunden??? Blog-Wochenende?Verbrauchte TAN: 973893
28. March 2008 at 15:53
Ich sehe schlicht nicht, was für einen Schaden freiwillige Prostitution anrichtet, "für Frauen, Männer und Gesellschaft insgesamt". Das ist ja genau der Punkt. Ich sehe sehr wohl, dass unfreiwillige Prostitution (auch bekannt als Vergewaltigung bzw. sexuelle Nötigung) Schaden anrichtet, aber die ist ja auch überall, und das zu Recht, verboten. Wenn Du lediglich für eine schärfere Verfolgung von solchen Straftatbeständen im Milieu der Prostitution bist, bin ich dabei: aber das hat mit Prohibition nichts zu tun.Was den Spaß angeht, hast Du mich glaub ich missverstanden: ich bin nicht der Meinung, dass alle oder die Mehrheit der Prostituierten "Spaß" an ihrem Beruf haben. Der "Spaß" im engeren Sinne scheint sich mir bei den meisten Berufen, die schlecht qualifizierten Menschen offenstehen – von der Kassiererin bis zum Fließbandarbeiter – für die meisten sehr in Grenzen zu halten. Warum sollte es bei Prostituierten anders sein? Das Fehlen von Spaß ist aber nun mal kein Beweis für Zwang oder Unfreiwilligkeit. Mein Punkt war vielmehr: Das (explizit geäußerte) Vorhandensein von Spaß oder, um es etwas neutraler zu formulieren, beruflicher Freude, Stolz und Erfüllung bei manchen Prostituierten ist ein Indiz dafür, dass Prostitution nicht notwendigerweise psychisch traumatisierend oder "dreckig" sein muss, sondern – unter bestimmten Umständen – auch durchaus positiv erlebt werden kann. Wer solche Äußerungen einfach überhört, willkürlich umdeutet oder kategorisch anzweifelt, spricht es der äußernden Frau ab, dass sie selbst über ihren Körper verfügen und beurteilen kann, was gut und was nicht gut für sie ist. Das finde ich im 21sten Jahrhundert eine unerträgliche, anmaßende Position (und zwar egal, ob sie von einem konservativen Mann oder einer feministischen Frau kommt).
30. March 2008 at 19:38
Dieser Felix hatte tatsächlich wichtigere Dinge am Wochenende zu tun.Abgesehen davon schließt er sich cohus sehr gut formulierter, bedachter und einleuchtender Argumentation an.Vom Krötenhuber habe ich dagegen noch kein einziges überzeugendes oder auch nur wohldurchdachtes Argument gelesen.Wieso muß ich meine Friseurin dafür bezahlen, daß sie mir dir Haare schneidet? Macht ihr das etwa keinen Spaß, sondern findet sie es eklig?Und seine nebulösen Vorstellungen eines korrekten Sexlebens (vor wem als Instanz? vor Gott dem Herrn, Herrn Hubbard, Herrn Schäuble oder Mohammed, dem Propheten?) finde ich über alle Maßen gruslig.Ganz abgesehen von der Proklamation, daß er selbst sich als Instanz sieht, die das sexuelle Leben aller Mitmenschen werten und darüber urteilen darf.
6. April 2008 at 12:56
Unser Mann in Hamburg hat mich übrigens noch auf einen interessanten Aufsatz zum Thema hingewiesen – Martha Nussbaum: Trading on America’s puritanical streak.. Nussbaum ist eine sehr bekannte Philosophin und Jura-/Ethik-Professorin an der Chicago University.
18. December 2009 at 16:18
Ich kann mir gut vorstellen, dass die Friseurin von “diesem Felix” genauso wenig Spaß hat wie dessen Proktologe und aber auch dessen Prostituierte.
18. December 2009 at 18:36
21 Monate Nachdenken, und das ist das Ergebnis?!?