Decline of a Nation: Close Shave

Während in der Bundesrepublik glühweinbeschwipste Sozis sinnvolle Vorschläge zur Arbeitsmarktpolitik machen, gehen, weit weg vom Kontinent, in Großbritannien, die Uhren natürlich anders. Im renommierten Fachblatt für Sozialdemokratie  und Kompostwesen “Guardian” erklärt uns ein Charlie Porter, dass Bärte keinesfalls out of date oder gar als politisches oder apolitisches Statement zu verstehen, sondern vielmehr der letzte Schrei sind. Sogar der James Bond lässt ja privat die Borsten sprießen:

“Craig’s facial furniture is at the forefront of a new trend: beards are suddenly everywhere. There are so many beards around, in fact, that facial hair could well become the defining male fashion of the noughties.”

Sodann zieht Herr Porter mehrere mögliche Gründe für dieses Phänomen an den Barthaaren herbei (“dress down” am Arbeitsplatz, Verbreitung nuklearkraftbetriebener 10-klingiger Mega-Rasierer im willenlosen Konsumkollektiv und dadurch Reiz des rebellischen Nichtrasierens, etc.), bis er zum m.E. ausschlaggebenden Grund für die Rückkehr des Bartes kommt:

Or maybe it’s just a result of laziness. Men no longer have to shave, so they don’t. A dermatologist recently told me that for the average man, shaving takes up six months of his life: who wouldn’t want to take a break?

Ich glaube, da hat Herr Porter genau den Punkt getroffen. Faulheit fördert Follikel!
Und jetzt warten wir mal kurz ab, bis Männer erkennen, dass Duschen fast ein Jahr ihres Lebens stiehlt. Händewaschen nach dem Toilettenbesuch frisst weitere 6 Monate. Reinigen der Wohnräume schlägt mit einigen Jahren ins Gewicht, und das langwierige Aufsuchen einer Toilette vor dem Verrichten eines Geschäfts raubt fast Jahrzehnte des Lebens – ganz zu schweigen vom Reinigen, Erhitzen oder gar Töten von Beutetieren vor dem Verzehr. Wenn Männer also auf das Hygiene-und Kulturniveau von Wildtieren herabsänken, hätten sie nach internen Berechnungen von Cohu ca. 30 Jahre mehr Zeit, Dinge zu tun, die ihnen wirklich Spaß machen!!!
Wie der geneigte Leser evt. schon aus meinem leicht sarkastischen Ton abgeleitet hat, ist Cohu keine große Freundin von Bärten. Nichtmal so sehr aus Hygiene- oder Ästethik-Aspekten – im Gegenteil, es gibt Männer, denen Bärte sehr gut stehen! – aber erstaunlicherweise macht ein Bart trotz seiner angeblichen “Männlichkeit” für Cohu sogar den feschesten Mann zum absolut asexuellen Wesen, dessen Attraktivität auf frostige unter Null sinkt.
Und jetzt sage bitte niemand, das wäre nur ein weiterer Grund dafür, sich einen Bart wachsen zu lassen.

4 Responses to “Decline of a Nation: Close Shave”

  1. Barba connecticutiana Says:

    Der Versuch, den Vollbart mit Gründen der Zeitökonomie zu erklären, kann natürlich nur von Körperpflegeignoranten wie den Briten kommen. In Wirklichkeit bedarf auch ein Vollbart zeitaufwendiger Pflege: Er muss regelmäßig gekürzt, shampooniert, gestriegelt, belüftet, ggf. entlaust etc. werden. Um ein Bild zu verwenden, das selbst für das Inselvolk nachvollziehbar sein dürfte: Die tägliche Rasur des Bartlosen ist ein banales Rasenmähen, während die anspruchsvolle Fürsorge, die vom Bärtigen für sein Gesichtshaar abverlangt wird, der Pflege einer feinen Rosenhecke entspricht.

  2. cohu Says:

    Beim Briten – das habe ich in meinem Artikel aus Taktgründen verschwiegen – kann der Bart ja in Wirklichkeit nur einen Zweck haben: den, das schiefe, krumme und gelbe Gebiss vor den Blicken der Außenwelt zu bewahren. Und dafür ist gerade das achtlose nichtstutzen des struppigen Filzes Vorraussetzung. Von wegen Rosenhecke! (Bei Südmitteleuropäern mag das anders sein, aber die deutsche Volks- und Küchenpsychologie weiß: Bartträger – Thierse ausgenommen – haben düstere Geheimnisse zu verbergen! Noch Zweifel?)

  3. Wolf Says:

    Also, Zeitsparen an der Hygiene ist bei Weitem kein Witz… Erst kürzlich wurde mir, als ich auf den Zustand unserer Toiletten hinwies, wieder vorgerechnet, wie viel Zeit Mann beim Stehpinkeln spart. Hose aus, Hose an, usw. Daß auch das eine Milchmädchenrechnung ist, weiß jeder, der bemerkt, daß man das Klo dann ungefähr dreimal so oft putzen muß. Das merkt bloß leider nicht jeder. 😦

  4. cohu Says:

    Unterschätze nicht die Ingenuität dieser Kulturlosen, Wolf: vermutlich könnten die ja auch nicht nachvollziehen, warum man Toiletten überhaupt putzen sollte. Werden eh gleich wieder schmutzig. Oder (im Sommer) warum es Hosen überhaupt braucht. Zeitsparen auf dem Klo ist auch aus literarischen Gründen der falsche Ansatz. Es gibt Bücher, die man überhaupt nur auf dem Klo lesen kann. Z.B. Dietrich Schwanitz’ "Bildung" oder John Hodgman’s "The Areas of my Expertise". Soll man die ungelesen lassen? Ich sage nein und fordere Abschaffung von Urinalen (schon das Wort!) und Anschaffung von Bücherregalen auf allen Klos.Mahlzeit!


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